Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

12.06.2022, 08:00 Uhr

Sie sind da: Die Big Five unserer pharmazeutischen Dienstleistungen. Und wann geht's los? (Foto: Alex Schelbert)

Sie sind da: Die Big Five unserer pharmazeutischen Dienstleistungen. Und wann geht's los? (Foto: Alex Schelbert)


10. Juni 2020

Diese Woche geht in die Annalen der deutschen Pharmazie ein! Wir Apothekers haben soeben erfahren dürfen, welche pharmazeutischen Dienstleistungen wir unseren Patientinnen und Patienten anbieten und zu Lasten der GKV abrechnen dürfen. Die Schiedsstelle, die letztlich darüber entschieden hat, hat ihren Schiedsspruch endlich verschriftlicht und veröffentlicht. Und damit ist eines der größten Geheimnisse der letzten Monate oder sogar Jahre gelüftet. Insgesamt verständigte man sich auf fünf Dienstleistungen, sozusagen die Big Five: die Medikationsanalyse bei Polymedikation (war zu erwarten) und die pharmazeutische Betreuung von Organtransplantierten und Patientinnen und Patienten mit oraler Antitumortherapie – drei relativ umfangreiche und komplexe Dienstleistungen. Und dann haben wir noch zwei einfachere, aber durchaus auch wichtige Dienstleistungen im Angebot, nämlich die Inhalator-Schulung und die Blutdruckmessung bei Hypertonikern. Und, mein liebes Tagebuch, wie isses? Wie fühlen wir uns als Apothekers mit diesen Dienstleistungen? High Five! Also, prima vista lässt sich sagen: Ist o.k., daraus ließe sich was machen. Wir Apothekers können diese Leistungen, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind, unseren Patientinnen und Patienten eigenständig anbieten, ohne eine ärztliche Verordnung. Die Bedingungen, zu denen diese Leistungen erbracht werden dürfen, scheinen angemessen zu sein. Auch die ABDA zeigt sich mit dem Ausgang des Schiedsspruchs zufrieden: „Mit dem Ergebnis des Schiedsverfahrens können wir alles in allem gut leben“, sagt die ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening in einem Videostatement. Und Thomas Benkert, unser Präsident der Bundesapothekerkammer (BAK), weist darauf hin, dass die BAK bereits passende Hilfestellungen für Apothekenteams erarbeitet hat, wie diese Dienstleistungen zu erbringen sind, für einige sind auch spezielle Fortbildungen zu absolvieren. Na, kann dann kann’s wohl morgen losgehen? Von wegen! Obwohl eine Schiedsstelle entschieden hat, scheint der GKV-Spitzenverband nicht so recht zufrieden damit zu sein, es wird sogar gemunkelt, dass der Spitzenverband dagegen klagen könnte. Außerdem sind noch viele Fragen offen, z. B. wie dann die Abrechnung des Honorars abläuft. So fehlt z. B. noch die Sonder-PZN für die jeweiligen Dienstleistungen. Vermutlich, so hörte man, wird es wohl eine quartalsweise Abrechnung geben, die Sammelbelege aller im Quartal erbrachten Dienstleistungen würden dann beim Nacht- und Notdienstfonds (NNF) eingereicht werden. Und wenn das zur Verfügung stehende Geld, also die 150 Mio. Euro nicht ausreichen, wird wohl ein zweistufiges Vergütungsmodell kommen. In der ersten Stufe würden die Apotheken eine „gesicherten Honorarsumme“ ausgezahlt bekommen, 1000 Euro gibt’s garantiert, und für den Rest sind dann für die einfachen Dienstleistungen anteilige Kürzungen zu erwarten, während die komplexen Dienstleistungen in voller Höhe vergütet werden. Genaueres wird man also in den kommenden Wochen hören. Nun ja, mein liebes Tagebuch, sollten diese Dienstleistungen wirklich „ein Renner“ in unserem pharmazeutischen Alltag werden, von den Kassen gut akzeptiert und bei Patientinnen und Patienten freudig angenommen werden, dann sollte die Politik nicht umhin können, den Honorartopf zu vergrößern. Aber jetzt bin ich auf die Diskussionen rund um die Dienstleistungen gespannt, die sich in den kommenden Wochen ergeben werden – die einen, die darin den Einstieg in die Zukunft unserer heilberuflichen Pharmazie sehen, die anderen, die so gar nichts davon halten und nicht mitmachen wollen oder nicht können und alle Meinungsschattierungen dazwischen. Ich freu’ mich drauf.

 

Nicht nur die Dienstleistungen hat uns diese Woche gebracht, sondern auch die Zustimmung des Bundesrats zum Pflegebonusgesetz (der Bundestag hat bereits sein Plazet gegeben) und damit zum Vorhaben der Bundesregierung, die Grippeimpfungen in den Apotheken in die Regelversorgung zu überführen. Auch das ist ein historisches Novum für uns Apothekers: Wir dürfen unabhängig von irgendwelchen Modellprojekten gegen Grippe impfen! Wer sich entsprechend fortgebildet hat darf, keiner muss. Jetzt müssten wir nur noch wissen, welches Honorar uns die Kassen dafür überweisen. Das allerdngs könnte wiederum Probleme bereiten: GKV-Spitzenverband und Deutscher Apothekerverband müssen sich binnen zweier Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes auf die Vergütung der Apotheken einigen. Schaffen sie das nicht, muss wieder (wir kennen das schon) die Schiedsstelle ran. Und die hat dann dieses Mal allerdings nicht ewig Zeit, sondern nur einen Monat, um das Impfhonorar festzulegen. Also, dann könnte es mit dem Start der apothekerlichen Grippeimpfungen für die kommende Saison durchaus etwas werden.



Peter Ditzel (diz), Apotheker
Herausgeber DAZ / AZ

redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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3 Kommentare

Strukturelle Widersprüche.

von Reinhard Rodiger am 12.06.2022 um 12:56 Uhr

Ich gehe davon aus, dass bezahlte Dienstleistungen PDL sinnvoll sein können.Das ist nicht der Fall, wenn das System so aufgebaut wird, dass es sich selbst limitiert.Es wird nicht ermittelt, wieviel PDL zielführend sind und welche Folgen ein zu geringes oder zu konzentriertes Angebot hat.Es gibt keine Zielsetzung ausser der, dass Dienstleistungen der Apotheken auch bezahlt werden.Bis zu einer Grenze, also letztlich nicht planbar.Es bleibt offen, wieviel Arbeit umsonst war.
Es wird darauf spekuliert, dass der Deckel dafür sorgt, dass nicht Zuviel gemacht wird.Modell abwärts gleitende Preise.Bei Ärzten führt dies zu Praxisurlaub oder unbezahlte Arbeit.

Also: Aktivität führt zu Bestrafung.Dazu wird man quasi getrieben. Es ist schon eine Zeitenwende, durch Senkung der Basisfinanzierung quasi Zwang zu Tätigkeiten zu erzeugen, die sich selbst limitieren.Über diese Dynamik wird gar nicht gesprochen.

Wo sind die Szenarien, die erlauben, einzuschätzen, nach welchen Determinanten dies laufen soll? Der Grundsatzcharakter ist wichtig und komplex genug, nicht einfach trial and error spielen zu müssen.

Es darf also ein nicht zu Ende gedachter Versuch nicht mit Abschmelzen der Basishonorierung erkauft werden.Im Gegenteil, PDL müssen nicht nur an wenigen Stellen zur Verfügung stehen können.Sonst sind PDL nur ein Instrument zur breiteren Elimination der Marktteilnehmer, die eigentlich für die breite Verteilung sorgen sollten.Aber zusätzlich stärker strukturell unterfinanziert werden.

Wenn also PDL breite gesellschaftliche Bedeutung haben, dann muss die strukturelle Unterfinanzierung durch Honorarerhöhung vorher beendet werden.Erst dann ist der nötige Freiraum gegeben.Dieser sollte durch Zielsetzung ergänzt werden, um voraussichtliche Engpässe rechtzeitig aufscheinen zu lassen.

Es geht um die Aufhebung des strukturellen Widerspruchs, Verbesserungen in der Breite durch Kostensenkung an der falschen Stelle zu erreichen.Hierzu fehlt alles.

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Widersprüchlich

von Karl Friedrich Müller am 12.06.2022 um 11:08 Uhr

Seit 18 Jahren ist das Packungshonorar nicht erhöht worden, geändert hat sich immer mal der abzuführende Kassenrabatt, bei dem wider eine Erhöhung droht.
Unter Schmidt wurde unter anderem argumentiert, man wolle die Erhöhnung nicht, weil der Versand profitieren könne und eben, weil man die PDL wolle. Beides ginge nicht. Das Argument, dass nur eine ausreichend bezahlte Apotheke auch PDL anbieten könne, wurde ignoriert. Die PDL stellten ja das Einkommen und die Existenz (um nichts weniger geht es!) weiter sicher.

So, nun ist das eRezept eingeführt, ABDA und DAV applaudieren begeistert, vergessen (?) dabei, dass der Nutznießer die Versender sein werden, hat doch Spahn noch extra durchgedrückt, dass diese auch die notwenigen Karten, sprich Zugangsberechtigung bekommen. Es wäre ein eLichtes gewesen, den Versand auszusperren.
die PDL sind erst mal positiv zu sehen, weil diese den Berufsstand im Sinne der Patientensicherheit weiterbringen. Das ist gut! Uns hier erzählen zu wollen, dass damit der Betrieb gesichert sei, ist eher Folklore. Das geht dann schon eher Richtung ausmerzen der "Buden", die leider als unwichtig oder überflüssige Konkurrenz wahrgenomen werden.
PDL für alle? und nun doch mit extra FoBi? Wollte man nicht klein einsteigen?
Wieviele Apotheken braucht es denn? Pro Region, pro Stadt? Da sei doch die Frage erlaubt, warum werden Apotheken nicht staatlich. Häuser (!),in denen die ganze Palette der PDL und AM Veresorgung angeboten wird, mit spezialisierten Mitarbeitern (innen).
Ich fürchte nur, dass diese Apothekenzentren dann den gleichen Weg die die Krankenhäuser gehen. Zu wenig Mitarbeiter,, zu wenig Geld, zu viel Arbeit. Prinzipiell böten diese Zentren auch die Möglichkeit für normale Arbeitszeiten.
Daher muss sich der Staat grundsätzich an eine Reform machen. Das Gesundheitswesen nicht als Sparschwein für Anleger, sondern als elementare Versorungseinheit! Krankenkassen, besondders die Vielzahl werden überflüssig.
Jedenfalls kann ich die ganze Argumente und Sichtweisen unserer sogenannten Standesvertretung nicht nachvollziehen und frage mich, was wirklich hinter allem steckt.
Und nein: Ich habe nichts gegen den Fortschritt. Die Dinge ändern sich, müssen sich ändern. Aber doch bitte zum Besseren.
Die Digitalisierung bedeutet für uns immer nur noch mehr Einschränkung, Bürokratie, Überwachung, Schikanen, Kosten. Vor jedes Wort gehört noch: überflüssig.

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Strukturanalyse

von Dr.Diefenbach am 12.06.2022 um 9:18 Uhr

GUTEN Morgen,es ist doch klar, dass nach einer solchen Strukturanalyse, die MEHR als überflüssig war UND ist, der Kommentar kommen würde,SO letztendlich nicht.Wenn ich das richtig verstehe, dann müssen nämlich Erbhöfe verschwinden.Und wenn einige der GF in nächster Zeit ausscheiden,dies aus Altersgründen, dann stellt sich erst recht die
Frage, warum dieses System nicht umgebaut wird.Es gibt kaum eine Organisation, die nicht aus Gründen der Erfordernis neue Wege geht,NUR bei Apothekers:DA soll Alles bleiben?Wir sagten oft genug, dass die Pharmazie zweiter Sieger war.
Und wir sehen Jahr für Jahr:MEHR Beiträge,es wurde-ich erinnere daran-auch in 2021 wieder kommuniziert, dass jedes Jahr mehr Geld vonnöten sei.Ich frage mich ,ob dann fast alle Unternehmen, die rationalisieren,die Dinge falsch machen und nur die ABDA richtig liegt??
Noch ein Wort zur HONORIERUNG der pharmazeutischen Dienstleistungen.Es ist lobenswert, dass auch durch Frau Overwiening endlich !! mal Fakten platziert wurden.NUR:Wieviel Aufwand über Jahre, diese geheimnisvollen Aktionen,die da betrieben wurden, wodurch lässt sich das begründen?Es ist einsehbar, hier Rahmenbedingungen schaffen zu müssen, allerdings zeigt es doch die Schwerfälligkeit der Organisation, dass man zu DIESEM Ergebnis unendliche Monate.... benötigte.Es ist aber GUT,wenn die Sache dann auch von allen Beteiligten(GKV....)akzeptiert wird.

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