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10. Mai 2022
Es gibt noch Lichtblicke in diesen düsteren Zeiten: Das Pharmaziestudium soll modernisiert werden. Die Mitgliederversammlung der Bundesapothekerkammer (BAK) hat grünes Licht gegeben für ein Positionspapier zur Novellierung der Approbationsordnung. Das Papier, an dem die BAK, der Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD), der Verband der Professoren an Pharmazeutischen Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland, die Apothekengewerkschaft ADEXA und die Deutsche Pharmazeutische Gesellschaft (DPhG) mitgewirkt haben, hat zum Ziel, die aktuelle gültige Approbationsordnung, die aus dem Jahr 2001 stammt, an die wissenschaftlichen Fortschritte, vor allem an die moderne Arzneimitteltherapie anzupassen. Mein liebes Tagebuch, es wurde höchste Zeit, dass sich da etwas tut. Aber bei so einem umfassenden Thema möchten und müssen eben auch viele Beteiligte mitsprechen, mit zum Teil unterschiedlichen Ansichten und Interessen – und das dauert. Konsens im Papier ist nun beispielsweise eine Verlängerung der Regelstudienzeit um zwei Semester, vor allem zugunsten der Klinischen Pharmazie, und die Pharmakologie muss intensiviert werden. Da kann man nur zustimmen, mein liebes Tagebuch, und auch da wird es höchste Zeit. Mehr Wissen aus den Bereichen Klinische Pharmazie und Pharmakologie wird dem Apothekerberuf und seiner modernen Anforderung, näher am Patienten zu sein, gerecht. Also, auf geht’s, mit dem Papier will die BAK nun ans Bundesgesundheitsministerium herantreten und sich für eine Modernisierung des Pharmaziestudiums stark machen. Mein liebes Tagebuch, einfach wird das nicht, zumal eine längere Studienzeit auch mehr Kosten verursacht. Aber wenn eine Regierung einen modernen Apothekerberuf will, dann wird sie einsehen müssen, dass das der richtige Weg ist, auch wenn er ein bisschen teurer wird.
Es war zu erwarten: Retaxationen der Krankenkassen wegen fehlender Dosierangaben! Die Friedenspflicht war im Oktober 2021 ausgelaufen, nun beginnen die Prüfzentren der Kassen nach Verordnungen zu suchen, auf denen die Dosierungshinweise fehlen. Und klar, sie werden fündig. So eine Angabe übersieht man schon mal. Im Klartext: Wenn also ein Arzt vergisst, die Dosierungsangaben für das verordnete Arzneimittel, wenigsten aber das Kürzel DJ (was soviel bedeutet wie „Dosierung vorhanden: ja“) aufs Rezept zu schreiben – und wenn die Apotheke dies in der Alltagshektik übersieht – weigern sich die Krankenkassen das Arzneimittel zu erstatten. Die Apotheke bezahlt dann quasi das Arzneimittel aus eigener Tasche für den Patienten. Und da geht’s zum Teil um richtig hohe Beträge. Mein liebes Tagebuch, allein bei den Mitgliedsapotheken des Apothekerverbands Westfalen-Lippe (AVWL) sind bereits 120.000 Euro als Gesamtschaden aufgelaufen. Was für ein Unding, mit gesundem Menschenverstand ist das nicht zu fassen! Mal drastisch platt formuliert: Der Arzt pennt und vergisst z. B. „3 x tgl. 1“ aufs Rezept zu drucken, die Apotheke beliefert das Rezept und übersieht dabei die ärztliche Lapalie – und schon klingelt’s in den Kassen der Kassen. Und das Schärfste dabei: Eigentlich haben sich Kassenverband und Apothekerverband darauf verständigt, dass ein solch kleiner Lapsus, ein solch kleiner Formfehler nun wirklich kein Grund für eine Retaxation ist! Und sie versuchen’s trotzdem. Und verursachen damit sinnlos vergeudete Zeit für Apotheken und die Apothekerverbände, die sich gegen solche ungerechtfertigten Ansprüche wehren müssen. Immerhin, sich wehren hat Erfolg. "Von den retaxierten 120.000 Euro haben wir mittlerweile 75.000 Euro wieder zurückgeholt“, berichtet der Chef des AVWL, Thomas Rochell. Mein liebes Tagebuch, gut so! Was Rochell auch sagt: Das Vorgehen der Krankenkassen, in solchen Fällen einfach mal zu retaxieren, obwohl es eigentlich nicht gerechtfertigt ist, müsse man wohl „schlicht als Versuch werten, Vermögensvorteile für die Kassen zu erzielen“. Stimmt, mein liebes Tagebuch, und man sollte es noch deutlicher sagen: Was für ein perverses Vorgehen der Kassen, die damit die Apothekers demoralisieren und letztlich die flächendeckende Arzneimittelversorgung gefährden, worauf Rochell in einem Gastkommentar auf DAZ.online hinweist. Und er sagt auch: Die Krankenkassen haben es sich quasi zum Sport gemacht, Lücken aufzuspüren und die Apotheken zu sanktionieren. Er fordert den Gesetzgeber auf, endlich zu handeln und Nullretax wegen belangloser Formfehler zu unterbinden. Mein liebes Tagebuch, Rochels Gastkommentar sollten alle Gesundheitspolitiker lesen und verinnerlichen. Es wird höchste Zeit, diese sadistische Apothekenfolter der Krankenkassen zu unterbinden.
3 Kommentare
Kommentar von Ed
von Holger Rummel am 16.05.2022 um 18:46 Uhr
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Nicht mehr viel los hier Herr Ditzel
von Ed am 15.05.2022 um 21:00 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Nicht mehr viel los hier Herr Ditzel
von Gert Müller am 16.05.2022 um 0:23 Uhr
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