Neue Leitlinie

Migräne-Antikörper können auch bei Schmerzmittel-Übergebrauch helfen

Stuttgart - 06.04.2022, 07:00 Uhr

Bei Patient:innen mit Migräne und Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln soll nach Aufklärung auch eine medikamentöse Prophylaxe initiiert werden. (c / Symbolfoto: Maridav / AdobeStock)

Bei Patient:innen mit Migräne und Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln soll nach Aufklärung auch eine medikamentöse Prophylaxe initiiert werden. (c / Symbolfoto: Maridav / AdobeStock)


CGRP-Antikörper sind noch gar nicht so lange Teil der Migräne-Leitlinie. Nun wurde die neue Arzneimittelklasse zur Prophylaxe auch in die Leitlinie „Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln“ aufgenommen. Denn Topiramat, Onabotulinumtoxin A und die monoklonalen Antikörper sollen auch während eines bestehenden Medikamenten-Übergebrauchs bei Migräne wirksam sein. 

Bis Mai 2021 war die letzte S1-Leitlinie zu „Kopfschmerz bei Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln (Medication Overuse Headache = MOH)“ gültig gewesen, jetzt ist eine Überarbeitung erschienen. Wie die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) mitteilt, haben verschiedene neue Erkenntnisse die Überarbeitung notwendig gemacht.

„S1-Leitlinie: Sie fasst Handlungsempfehlungen von Expertinnen und Experten zusammen. Das Wissen wird aber nicht systematisch zusammengetragen und bewertet. S1-Leitlinien sind daher nur wenig verlässlich.“ 

(Quelle: www.gesundheitsinformation.de)

So habe sich – neben einer weiteren Spezifizierung der Arzneimittel, die einen Kopfschmerz durch Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln (Medication Overuse Headache, MOH) hervorrufen können – gezeigt, dass die monoklonalen Antikörper gegen CGRP oder den CGRP-Rezeptor, ebenso wie Topiramat und OnabotulinumtoxinA, nicht nur in der Prophylaxe der chronischen Migräne wirksam sind, sondern auch bei Migräne-Kopfschmerzen durch Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln.

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Laut der neuen Leitlinie soll MOH weiterhin nach einem Stufenschema behandelt werden, in dem die genannten Migräneprophylaktika an zweiter Stelle stehen – neu dabei die Antikörper. 

Die Erfolgsrate einer solchen gestuften Therapie betrage nach sechs bis zwölf Monaten etwa 50 bis 70 Prozent. Vor allem bei Patienten und Patientinnen mit Opioid-Übergebrauch bestehe jedoch eine hohe Rückfallrate.

Gekürztes Stufenschema

  • Patient:innen über Beziehung zwischen häufiger Einnahme von symptomatischer Kopfschmerzmedikation und Chronifizierung der Kopfschmerzen aufklären. Ziel: Einnahme von Akutmedikation reduzieren.
  • Bei Patient:innen mit Migräne und Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln (MOH) soll eine medikamentöse Prophylaxe initiiert werden:
    • „Topiramat, Onabotulinumtoxin A und die monoklonalen Antikörper gegen CGRP oder den CGRP-Rezeptor können auch während eines bestehenden Medikamentenübergebrauchs wirksam sein.“
    • Bei Kopfschmerz vom Spannungstyp: Prophylaxe mit Amitriptylin.
    • Die medikamentöse Prophylaxe soll jedoch durch nicht medikamentöse Maßnahmen ergänzt werden.
  • Wenn die bisherigen Maßnahmen nicht reichen: Medikamentenpause (je nach Konstellation ambulant, tagesklinisch oder stationär (Opioide)).
  • „Zur Behandlung von Entzugssymptomen oder Kopfschmerzen während der Medikamentenpause werden trizyklische Antidepressiva, Neuroleptika (Antiemetika) und die Gabe von Steroiden empfohlen.“
  • Einem Rückfall vorbeugen – durch Patientenaufklärung und engmaschige Betreuung.

Auch in der bisherigen Leitlinie wurde schon nach Stufenschema vorgegangen, damals hieß es jedoch nur, dass Wirksamkeitsnachweise für Topiramat, Onabotulinumtoxin A und Amitriptylin vorliegen. Ebenso schon damals sollte bei Patient:innen mit zugrunde liegendem Kopfschmerz vom Spannungstyp die medikamentöse Prophylaxe mit Amitriptylin erfolgen.



Deutsche Apotheker Zeitung / dm
redaktion@daz.online


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