Studie

Verdreifachung weltweiter Demenzfälle bis 2050?

Stuttgart - 11.01.2022, 07:00 Uhr

„Aus einer Public-Health-Perspektive sind die Ergebnisse der Studie generell enttäuschend, da sie suggerieren, dass der Anstieg der Demenzfälle unaufhaltsam ist“, erklären Kritiker:innen. (Symbolfoto: RAM / AdobeStock)  

„Aus einer Public-Health-Perspektive sind die Ergebnisse der Studie generell enttäuschend, da sie suggerieren, dass der Anstieg der Demenzfälle unaufhaltsam ist“, erklären Kritiker:innen. (Symbolfoto: RAM / AdobeStock)  


Fettleibigkeit, hoher Blutzucker und Rauchen – Präventionsmaßnahmen wichtig

Mit Blick auf die Auswirkungen von vier Demenz-Risikofaktoren – Rauchen, Fettleibigkeit, hoher Blutzucker und niedrige Bildung –, prognostizieren die Studienautoren, dass ein verbesserter Zugang zu Bildung für sechs Millionen weniger Demenzfälle sorgen könnte. Dem stünden allerdings knapp sieben Millionen mehr Fälle gegenüber, die mit den prognostizierten Raten für Fettleibigkeit, hohen Blutzucker und Rauchen zusammenhingen.

Umso wichtiger seien Präventionsmaßnahmen, welche den Einfluss dieser Risikofaktoren minimierten, betont Epidemiologin und Hauptautorin Emma Nichols vom Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME) der Universität Washington. „Für die meisten Länder bedeutet dies die Ausweitung von lokal angepassten, kostengünstigen Programmen, die eine gesündere Ernährung, mehr Bewegung, die Aufgabe des Rauchens und einen besseren Zugang zu Bildung fördern.“

Tatsächlich hatte der im vergangenen Jahr veröffentlichte Bericht der „Lancet“-Kommission nahegelegt, dass bis zu 40 Prozent der Demenzfälle verhindert oder hinausgezögert werden könnten, wenn zwölf bekannte Risikofaktoren beseitigt würden. Neben den in der aktuellen Studie berücksichtigten gehörten 

  • Bluthochdruck,
  • Hörminderung,
  • Depression,
  • Bewegungsmangel,
  • Diabetes,
  • soziale Isolation,
  • übermäßiger Alkoholkonsum,
  • Kopfverletzungen und
  • Luftverschmutzung dazu.

Die Wissenschaftler räumen indes selbst ein, dass ihre Analyse durch einen Mangel an qualitativ hochwertigen Daten aus einigen Teilen der Welt beeinträchtigt werde und nur vier Demenz-Risikofaktoren berücksichtigt worden seien. Darüber hinaus untersuche die Studie die Gesamtprävalenz von Demenz, ohne zwischen verschiedenen klinischen Subtypen zu unterscheiden – eine Kritik, die auch Michaël Schwarzinger und Carole Dufouil vom Universitätskrankenhaus Bordeaux in einem unabhängigen Kommentar aufgreifen: Die zugrundeliegenden Mechanismen, welche eine Demenz verursachen, würden hier vereinfacht.

„Aus einer Public-Health-Perspektive sind die Ergebnisse der Studie generell enttäuschend, da sie suggerieren, dass der Anstieg der Demenzfälle unaufhaltsam ist“, schreiben die beiden Mediziner. So würden in den „apokalyptischen Prognosen“ ratsame Änderungen des Lebensstils nicht mit einkalkuliert. Umso wichtiger sei es, über jene Mittel zu informieren, welche die „düsteren Prognosen“ verzögern oder vermeiden könnten.



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