Studie

Verdreifachung weltweiter Demenzfälle bis 2050?

Stuttgart - 11.01.2022, 07:00 Uhr

„Aus einer Public-Health-Perspektive sind die Ergebnisse der Studie generell enttäuschend, da sie suggerieren, dass der Anstieg der Demenzfälle unaufhaltsam ist“, erklären Kritiker:innen. (Symbolfoto: RAM / AdobeStock)  

„Aus einer Public-Health-Perspektive sind die Ergebnisse der Studie generell enttäuschend, da sie suggerieren, dass der Anstieg der Demenzfälle unaufhaltsam ist“, erklären Kritiker:innen. (Symbolfoto: RAM / AdobeStock)  


In den kommenden drei Jahrzehnten könnte sich die Zahl weltweiter Demenzfälle fast verdreifachen. Das sagt zumindest eine Gesundheitsstudie voraus, die in der Fachzeitschrift „The Lancet Public Health“ veröffentlicht wurde. Doch die Studie hat Schwächen. 

Einer Lancet-Studie zufolge könnten 2050 rund 153 Millionen Menschen mit Demenz leben – gegenüber 57 Millionen im Jahr 2019. Zurückzuführen sei das vor allem auf Wachstum und Alterung der Bevölkerung. Einen besonders hohen Anstieg erwarten die Wissenschaftler unter anderem in Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten, während Japan die geringsten Zuwachsraten verzeichnen werde. Für Deutschland prognostizieren die Forscher einen Zuwachs von 65 Prozent, was unter dem westeuropäischen Durchschnitt liegen würde.

Mehr zum Thema

Schon im vergangenen Jahr hatte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) davor gewarnt, dass die Zahl der Demenzkranken in den kommenden zehn Jahren global rasant zunehmen werde. Einer der Hauptgründe dafür sei die steigende Lebenserwartung: Mit dem Alter erhöht sich das Risiko für nichtübertragbare Krankheiten und damit auch für Demenz. Dieser Oberbegriff beschreibt das Symptombild einer ganzen Reihe von meist fortschreitenden Krankheiten, welche die Leistungsfähigkeit des Gehirns beeinflussen – zu den häufigsten und bekanntesten gehört die Alzheimer-Demenz. Nach Angaben der WHO ist Demenz derzeit die siebthäufigste Todesursache weltweit und eine der Hauptursachen für Behinderungen und Pflegebedürftigkeit bei älteren Menschen. Die globalen Kosten werden für 2019 auf mehr als eine Billion US-Dollar geschätzt.

Umso alarmierender erscheinen nun die Vorhersagen, welche ein Team internationaler Wissenschaftler für die regelmäßig erscheinende „Global Burden of Disease“-Studie modelliert hat. Konkret erstellten die Forscher Schätzungen der Demenzprävalenz für 195 Länder und Territorien im Zeitraum von 2019 bis 2050 und bezogen dabei verschiedene Demenz-Risikofaktoren ein. Vor allem Bevölkerungswachstum und -alterung führten dazu, dass bis 2050 voraussichtlich 153 Millionen Menschen weltweit mit Demenz leben, was fast einer Verdreifachung der Fälle im Vergleich zu 2019 darstellt.

Fast 370 Prozent steigende Fallzahlen für Nordafrika und den Nahen Osten 

Den größten Anstieg der Prävalenz prognostiziert die Studie für den östlichen Subsahara-Raum, wo die Zahl der Demenzkranken im Alter von 40 Jahren und älter um über 350 Prozent ansteigen werde. Um fast 370 Prozent steigende Fallzahlen werden für Nordafrika und den Nahen Osten vorhergesagt, wobei besonders hohe Steigerungsraten in Katar (1926 Prozent) und den Vereinigten Arabischen Emiraten (1795 Prozent) zu erwarten seien. Der geringste Anstieg wird für den einkommensstarken asiatisch-pazifischen Raum prognostiziert, wo die Zahl der Fälle um 53 Prozent auf 7,4 Millionen 2050 steigen soll – mit einem besonders geringen Zuwachs in Japan (27 Prozent).

Für Westeuropa erwarten die Studienautoren einen Anstieg der Fälle um 74 Prozent, von fast 8 Millionen 2019 auf knapp 14 Millionen 2050. Niedrigere Anstiegsraten seien hier für Griechenland (45 Prozent), Italien (56 Prozent), Finnland (58 Prozent) und Schweden (62 Prozent) zu erwarten, auch Deutschland liege mit 65 Prozent (von knapp 1,7 Millionen Erkrankten 2019 auf knapp 2,8 Millionen 2050) noch unter dem prognostizierten durchschnittlichen Zuwachs Westeuropas. Überdurchschnittlich hoch werde dieser unter anderem in Zypern (175 Prozent), Andorra (172 Prozent) und Irland (164 Prozent) ausfallen.



Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.