Gastkommentar

Impfpassfälschungen: Apotheker sind die einsamen Sheriffs

Frankfurt am Main - 08.12.2021, 17:50 Uhr

Eine Fälschung mit echter Chargennummer. Die Charge wurde jedoch im Frühsommer verimpft und war zum Impfdatum im gefälschten Impfpass bereits verfallen. (x / Foto: privat)

Eine Fälschung mit echter Chargennummer. Die Charge wurde jedoch im Frühsommer verimpft und war zum Impfdatum im gefälschten Impfpass bereits verfallen. (x / Foto: privat)


Der Druck auf Ungeimpfte steigt. Das führt zwar wohl zu steigenden Quoten bei den Erstimpfungen, aber auch zu einer Flut an mutmaßlich gefälschten Impfpässen in der Apotheke. Obwohl dort sonst immer alles gesetzlich reguliert und maximal qualitätsgesichert stattfinden muss, herrschen bei der Verifizierung der Impfnachweise Zustände wie im wilden Westen, wo die Apotheker wie die einsamen Sheriffs für Recht und Ordnung kämpfen, findet Apotheker Dr. Otto Quintus Russe. Ein Gastkommentar. 

Dass das Impfen und Boostern der Weg aus der vierten Welle und der Pandemie ist, dürfte inzwischen jedem klar sein, auch wenn es nach wie vor eine beachtliche Anzahl an ungeimpften Mitbürgerinnen und Mitbürgern gibt. Durch das Ausweiten und die Kontrolle der 3G- und 2G-Regeln, die Pflicht zum Nachweis des Impfstatus mittels digitalem Impfzertifikat in einigen Bundesländern und die mögliche Einführung einer Impflicht wird der Druck auf Ungeimpfte größer, was aktuell zu steigenden Impfquoten bei Erstimpfungen, jedoch auch vermehrt zu mutmaßlich gefälschten Impfpässen in der Apotheke führt.

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Wie sympathisch in diesen Zeiten der 20 Jahre alte Impfpass eines Stammkunden mit unzähligen Chargenaufklebern der verschiedensten Impfungen ist – alle von der Praxis nebenan gestempelt – , auch wenn man kurz im Wirrwarr der Etiketten und Stempel die COVID-Impfungen zum Ausstellen des digitalen Impfzertifikates suchen muss, zeigt sich beim Gegenteil. Es beschleicht einen ein anderes Gefühl bei druckfrischen Impfpässen mit lediglich zwei COVID-19-Impfungen oder irgendwelchen Impfbescheinigungen als Einlegeblätter mit abstrakten Stempeln von Impfzentren oder Ärzten von außerhalb, die zudem bereits vor Wochen oder Monaten ausgestellt worden sein sollen. Chargenaufkleber, die in den verschiedensten Versionen seit Beginn der Impfkampagne verwendet wurden, und Chargennummern, die kaum praktikabel im Apothekenalltag zu überprüfen sind. Dazu noch der apothekenübliche Vorweihnachtsansturm mit COVID-19-konformen langen Warteschlangen bis weit vor die Tür, nicht lieferfähigen Arzneimitteln und einem Apothekenteam, das in den vergangenen beiden Pandemiejahren im Auftrag der Politik bereits viele zusätzliche Aufgaben gestemmt hat und auf die wenigen Feiertage über Weihnachten hinarbeitet.

Alle Vorgänge in der Apotheke erfolgen gesetzlich reguliert und maximal qualitätsgesichert, von Plausibilitätsprüfungen über serialisierte Arzneimittelpackungen bis hin zu der übertriebenen Präqualifizierung. Nur bei den Impfpässen herrschen Zustände wie im Wilden Westen und Apothekerinnen und Apotheker kämpfen wie die einsamen Sheriffs für Recht und Ordnung. Mit Anrufen in Arztpraxen, E-Mails an Hersteller oder das Paul-Ehrlich-Institut oder den inzwischen zahllosen Postings in den sozialen Medien mit der Bitte um Verifizierung von suspekten Arzt- bzw. Impfzentrumsstempeln oder komisch wirkenden Chargenaufklebern durch Kolleginnen und Kollegen wird versucht, vom HV-Tisch aus Ordnung in das Chaos zu bringen und das für gerade mal 6 Euro pro Zertifikat.



Dr. Otto-Quintus Russe, Apotheker
redaktion@daz.online


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7 Kommentare

Leisten!

von Thomas Kerlag am 09.12.2021 um 9:57 Uhr

Wer hier abnorme Akribie an den Tag legt der zeigt nur auf, dass er fachlich nichts besseres zu tun hat und entbehrlich ist

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Scheriffs

von Nicole Schmitt am 08.12.2021 um 21:16 Uhr

So und jetzt auch noch Impfen. Merken die Apotheker/innen überhaupt noch was ? Sie beschäftigen sich mit Nebensächlichkeiten während die Versender die E-Rezepte im grossen Stil einsacken werden. Und warum ? Weil Sie es können ! Kriegskasse wird gefüllt (Zur Rose) und eine Werbekampagne gigantischen Aussmasses wird die Deutschen überrollen. Es wird ein Gemetzel ! Eine frohe Adventszeit.

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Impfpassfälschungen: Apotheker sind die einsamen Sheriffs

von Joachim Ramge am 08.12.2021 um 19:45 Uhr

Die Kolleginnen und Kollegen meines Jahrgangs (1939) waren Fachleute für Arzneimittel, nicht Hilfspolizisten und Hilfssheriffs.

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AW: Impfpassfälschungen: Apotheker sind die

von Scarabäus am 08.12.2021 um 20:32 Uhr

Genauso ist es! Wir sind keine (Polizei)Behörde und auch keine Trottel, welche ständig die heißen Kartoffeln einer verfehlten Politik aus dem Feuer holen sollen. Beim Impfen werden wir dann sicher auch wieder mit Almosen abgespeist und unsere Standesvertetungen bejubeln das anschließend als Erfolg….

Verifikation schwierig

von Christian Lutsch am 08.12.2021 um 19:02 Uhr

Hatte einen solchen niegelangelneuen Pass mit nur zwei Einträgen von Impfungen in Hamburg in Händen. Die chargen-Aufkleber waren ungewöhnlich größer als ich es sonst kannte. Wohlgemerkt; Unsere Apo ist in Bamberg.

Hatte mir also im backoffice eine Kopie der Unterlagen gemacht, die digitalen Zertifikate mitgegeben und ohne Wissen des Kunden begonnen zu recherchieren… es war schonmal ein Problem das impfzentrum des Stempels ausfindig zu machen. Nicht mehr existent. Gesundheitsämter verschiedener Bezirke durchtelefoniert - Lange Warteschleifen. Durchgestellt worden, andere Nummer erhalten - niemand war zuständig. Der letzte angeblich Zuständige hatte den AB aktiv mit Bitte eine Nachricht mit Anliegen und Nummer zu hinterlassen. Gesagt getan. Das ist nun eine Woche her und keine Reaktion. Hat mich läppische 1,5 gekostet, um nichts zu erreichen.

Fazit: unterstellen ist einfach, prüfen unmöglich.
Ich will nicht wissen wieviele fakes ich schon ausgestellt habe.

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AW: Verifikation schwierig

von Petra Horst am 09.12.2021 um 11:47 Uhr

Wenn ich Zweifel habe und eine Verifizierung mit vertretbarem Aufwand nicht möglich ist, stelle ich kein Zertifikat aus. Wenn ein Patient von Außerhalb kommt und seine Impfung/Genesung digitalisiert haben möchte, bedarf es schon guter Grunde ( Umzug o.Ä.), weshalb er es ausgerechnet in unserer Apotheke machen lassen möchte. Wir stellen die Zertifikate grundsätzlich nur noch bei ortsnahem Wohnort/Impfarzt aus. Ein digitalisiertes falsches Zertifikat ist schlimmer, als der Ärger des Patienten mit fragwürdigen Unterlagen.

es geht auch einfacher...

von Zaphodb42 am 08.12.2021 um 18:38 Uhr

https://www.keeptalkinggreece.com/2021/10/10/greece-fake-vaccinations-water-real-vaccine/

Fake-Impfungen mit echtem Vakzin, ne interessante Idee :-)

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