ApoRisk-Fall

Lohnen sich Cyber-Versicherungen für Apotheken?

Stuttgart - 05.11.2021, 12:14 Uhr

Im Falle eines Cyber-Angriffs auf die Apotheken-IT sind Drittschäden wie die Schadensersatzforderungen von Kunden nur die eine Seite. Viel gravierender und länger andauernd wirkt der Image- bzw. Reputationsverlust auf das Unternehmen. (c / Foto: Schelbert)

Im Falle eines Cyber-Angriffs auf die Apotheken-IT sind Drittschäden wie die Schadensersatzforderungen von Kunden nur die eine Seite. Viel gravierender und länger andauernd wirkt der Image- bzw. Reputationsverlust auf das Unternehmen. (c / Foto: Schelbert)


Einem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Lübeck zufolge soll der Versicherungsvermittler ApoRisk Apotheken mit belästigenden und irreführenden Werbeaussagen als Kunden gewonnen haben. Abgeschlossene Versicherungen könnten die jeweiligen Risiken gar nicht oder nur teilweise abdecken, weil sich versprochene Versicherungsleistungen nicht in der Rahmenvereinbarung wiederfinden. Der zuständige Risikoträger, die Helvetia Versicherung, zeigt an einer Aufklärung des Falls wenig Interesse. Welche Nachteile könnten Apotheken nun entstehen?

ApoRisk, ein auf Apothekenversicherungen spezialisiertes Vermittlungsunternehmen, soll Apotheken mit inhaltlich unzutreffenden und irreführenden Werbeaussagen gewonnen und Versicherungen abgeschlossen haben, die die jeweilige Risiken gar nicht im versprochenen Umfang abdecken. Darüber berichtete die DAZ bereits vor zwei Wochen, inzwischen wird der Fall auch in anderen Medien thematisiert. Vor dem Landgericht Lübeck im vergangenen Juli ging es konkret um eine Cyber-Versicherung, die gar keine Markt- und Bestandsgarantie beinhaltet (Aktenzeichen 16 O 89/20). Zum Kundenkreis gehören laut eigenen Angaben 5.000 Apothekerinnen und Apotheker, davon 2.000 Inhaberinnen und Inhaber mit 2.800 bis 3.000 Apotheken. Etwa 35 Prozent von ihnen sollen eine Cyber-Versicherung abgeschlossen haben. Es sollen Rahmenverträge mit Standesorganisationen existieren – die genannten Apothekerverbände Mecklenburg-Vorpommern und Hessen verneinen jedoch auf DAZ-Anfrage, dass entsprechende Angebote aktuell bestehen.

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Bereits vor dem Urteil des Landgerichts Lübeck gab es Verfahren vor dem Landgericht und Oberlandesgericht Karlsruhe (Aktenzeichen 18 O 34/16 und 6 U 164/16), in denen ApoRisk die Verbreitung von belästigenden Werbemails untersagt wurde. Auch das Landgericht Mönchengladbach hat nach dem erneuten Versand zahlreicher Werbemails im September diesen Jahres ein entsprechendes Verbot ausgesprochen (Aktenzeichen 8 O 26/21).

Klage vom Wettbewerber

Geklagt hatte ein Wettbewerber, und zwar der ebenfalls auf Apotheken und Sanitätshäuser spezialisierte Versicherungsmakler Steffen Benecke. Gemeinsam mit seinem Anwalt Jascha Arif hatte er die entsprechenden Unterlagen und Geschäftspraktiken zuvor geprüft. ApoRisk bestreitet gegenüber der DAZ die Vorwürfe und erkennt keine Benachteiligung der eigenen Kunden. Den Rechtsstreit habe man in erster Linie verloren, weil eine entsprechende Rahmenvereinbarung mit der Versicherungsgesellschaft Helvetia als Beweismittel für das Gericht nicht ausreichend war und eine schriftliche Vorabzusage nicht zur Kenntnis genommen wurde. In der Urteilsbegründung liest man jedoch, dass dem Gericht sehr wohl die Rahmenvereinbarung als auch die schriftliche Vorabzusage vorlagen und es auf dieser Grundlage nicht für erwiesen hält, ob tatsächlich eine Markt- und Bestandsgarantie existiert.

Nur die Spitze des Eisbergs? Nach Informationen der DAZ könnten auch weitere Helvetia- Versicherungsleistungen von der ApoRisk irreführend beschrieben worden sein. Aus Unterlagen geht hervor, dass der Versicherungsvermittler den Schutz vor Retaxationen mit Deckungssummen in sechs- bis siebenstelliger Höhe bewirbt. In den jeweiligen Versicherungen mit der Helvetia finden sich dagegen nur Summen in mittlerer fünfstelliger Höhe 



Deutsche Apotheker Zeitung
redaktion@daz.online


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