Häufung von Infektionen

Legionellen: 20 Prozent der Pneumonien sind reiseassoziiert

Stuttgart - 16.08.2021, 10:45 Uhr

Das Baden im See stellt keine Gefahr für eine Legionellen-Infektion dar. Im Schwimmbad kann das anders sein. (x / Foto: JackStock / AdobeStock)

Das Baden im See stellt keine Gefahr für eine Legionellen-Infektion dar. Im Schwimmbad kann das anders sein. (x / Foto: JackStock / AdobeStock)


Dass ein Krankheitserreger unsere Reiseaktivitäten beeinflussen kann, daran sind wir nun schon fast gewöhnt. Andersherum hat unsere Reiseaktivität aber natürlich auch Einfluss auf die Verbreitung von Erregern. Nicht unbedingt denkt man bei Reisezeit aktuell gleich an „Legionellen-Zeit“. Ein Blick auf die aktuelle Situation und die Hintergründe der Legionärskrankheit.

Bereits im Juli dieses Jahres berichtete die Nachrichtenagentur dpa über mehrere Legionellen-Fälle im Raum Heilbronn (Baden-Württemberg) – mit zwei Toten. Es handelte sich überwiegend um Männer mittleren und älteren Alters. Man ging davon aus, dass die Ursache in einer Verdunstungskühlanlage zu finden war.

Die Legionärskrankheit wurde 1976 während einer Konferenz der amerikanischen Legion in Philadelphia, USA, entdeckt und verdankt diesem Ereignis bis heute seinen Namen. Noch im selben Jahr wurde erstmals der Erreger Legionella pneumophila beschrieben. [Quelle: DAZ 27/2021]

Nun berichtete das „Ärzteblatt“ online vergangenen Dienstag erneut, dass Behörden über eine gestiegene Zahl von Legionellenfällen rätselten. Es ging wieder um Baden-Württemberg: Das Landesgesundheitsamt in Stuttgart habe von etwa Mitte Juni bis zum 6. August 97 Fälle mit Erkrankungsbeginn ab dem 1. Juni registriert, hieß es. Darunter seien sieben Todesfälle. Es handele sich um die höchste Anzahl an Erkrankungen, verglichen mit den entsprechenden Zeiträumen der Jahre 2011 bis 2020.

Unklar sei dabei noch, ob der monatelange Stillstand durch die Pandemie in manchen Einrichtungen zur Ausbreitung der Legionellen geführt habe. Eine mögliche Erklärung ist laut dem Labor- und Sachgebietsleiter Wasserhygiene im LGA, Jens Fleischer: „Wir vermuten, dass Rückkühlwerke oder Kühltürme von Industrieanlagen oder Warmwasserinstallationen in Gebäuden nicht so gewartet wurden, wie sie sollten.“ Von einem „Ausbruch“ spricht man allerdings noch nicht, lediglich von einer „Häufung“. Und weiter schreibt das „Ärzteblatt“: „Die betroffenen Gesundheitsämter der Kreise seien gerade dabei, Fragebögen des LGA zu beantworten. Danach wisse man vielleicht mehr.“

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Wegen Corona-Stillstand

RKI warnt vor Legionellen im Wasser

Bereits vergangenes Jahr im Juni hatte das Robert Koch-Institut vor Legionellen im Wasser gewarnt. Die DAZ berichtete darüber: Hotels, Schwimmbäder, Sporteinrichtungen, Teile von Altenheimen und Krankenhäusern seien damals in den vorherigen Wochen aufgrund von Corona geschlossen gewesen oder hätten leer gestanden. Bei nicht sachgemäßer Wartung könne es dadurch zu einem „erhöhten Legionellenwachstum in den betreffenden Trinkwasseranlagen gekommen sein, was bei der Wiederinbetriebnahme bisher ganz oder teilweise geschlossener Einrichtungen oder Wasserentnahmestellen jetzt möglicherweise ein vermehrtes Auftreten von Legionellosen zur Folge hätte“, erklärte das RKI. Auch bei Reisen ins Ausland mahnte das RKI zur Vorsicht. Bei respiratorischen Symptomen und einer möglichen Exposition sollte deshalb nicht nur an COVID-19, sondern auch an eine (antibiotisch behandelbare) Legionelleninfektion gedacht werden.

Warum Legionellen gerade in diesem Sommer ein Problem sind

Unterschätzte Gefahr

Im Juli dieses Jahres hat sich die DAZ 27/2021 nun erneut mit Legionellen beschäftig: Handelt es sich um eine unterschätzte Gefahr – und warum sind Legionellen gerade im Sommer ein Problem? Wie DAZ-Autorin Carolin Kühnast erklärte, werden Legionellen erst gefährlich, wenn sie über fein verteilte Teilchen in Form von Aerosolen über die Atemluft in die Lunge aufgenommen werden. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch sei unwahrscheinlich, könne aber nicht vollständig ausgeschlossen werden. Auch das Baden im See stelle keine Gefahr für eine Legionelleninfektion dar, da das Verschlucken von kontaminiertem Wasser nicht zu einer Infektion führt. Warum steigt das Legionellen-Risiko dann nun ausgerechnet im Sommer? 


20 Prozent aller Pneumonien, die durch Legionellen ausgelöst werden, sind reiseassoziiert, weshalb gerade jetzt in den warmen Sommermonaten die Kunden in der Apotheke aufgeklärt werden sollten.“

„Unterschätzte Gefahr“ von Carolin Kühnast in der DAZ 27/2021


Es kommen wohl zwei Faktoren zusammen: der vermehrte Tourismus und die erhöhten Temperaturen. Unterschätzen sollte man die Infektion jedenfalls nicht, denn bei solchen ambulanten oder reiseassoziierten Infektionen liege die Sterblichkeit bei 5 bis 10 Prozent – unbehandelt kann die Zahl sogar auf 50 Prozent steigen, heißt es. Besonders aufpassen sollten laut DAZ 27/2021 Risikopatient:innen – dazu „gehören ältere Menschen wie Senioren, Raucher, Diabetiker, Menschen mit Asthma oder COPD sowie solche mit geschwächtem Immunsystem“ – unter anderem Transplantierte und Patient:innen, die dauerhaft Glucocorticoide einnehmen.

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Erfahrungen für den Umgang mit gefährlichen Krankheitserregern

Die Warsteiner Legionellen

Apotheker:innen sollten also die typischen Symptome der Legionärskrankheit kennen: 

  • Atembeschwerden wie trockener Husten in Kombination mit
  • Verwirrtheit und
  • Durchfall,
  • Fieber,
  • Thorax-, Kopf- oder Gliederschmerzen.

Mehr zur Therapie und zu präventiven Maßnahmen können DAZ-Abonnenten in der DAZ 27/2021 nachlesen.


Deutsche Apotheker Zeitung
redaktion@daz.online


Carolin Kühnast, Apothekerin
redaktion@daz.online


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