Mit Unterstützung aus der Schweiz

Via schult Apotheker für Corona-Impfung

Berlin - 09.06.2021, 15:15 Uhr

Geht es nach dem Verband innovative Apotheken (via), sollen Apotheken künftig auch gegen COVID-19 impfen. Vereinzelt dürfen sie bereits in Modellprojekten Grippeimpfungen verabreichen. (Foto: IMAGO / Antonio Balasco)

Geht es nach dem Verband innovative Apotheken (via), sollen Apotheken künftig auch gegen COVID-19 impfen. Vereinzelt dürfen sie bereits in Modellprojekten Grippeimpfungen verabreichen. (Foto: IMAGO / Antonio Balasco)


Der Verband innovativer Apotheken beißt sich an den Krankenkassen die Zähne aus: Es will sich einfach kein Kooperationspartner finden lassen für ein Modellprojekt zur Grippeimpfung in den Apotheken. Doch statt aufzugeben, denkt der Verband nun sogar schon einen Schritt weiter und bietet eine Impfschulung an, mit der Apothekerinnen und Apotheker befähigt werden sollen, auch zum Beispiel gegen COVID-19 zu impfen.

In Sachen Grippeimpfung geht es für den Verband innovativer Apotheken (via) nicht so richtig voran: Seit gut einem Jahr ringt via mit den Krankenkassen um eine Vereinbarung für ein Modellprojekt zu Influenza-Schutzimpfungen in den Apotheken. Bisher hagelte es vonseiten der Kostenträger Absagen. Via-Vorstandsmitglied Arndt Lauterbach vermutet inzwischen, dass die Kassen auf Zeit spielen könnten. Denn nach der Bundestagswahl im September sei es sehr wahrscheinlich, dass es einen neuen Bundesgesundheitsminister oder eine neue Bundesgesundheitsministerin geben werde. „Dann könnte man den § 132j SGB V auch einfach wieder streichen.“

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Mit § 132j SGB V hat Amtsinhaber Jens Spahn (CDU) per Masernschutzgesetz die Möglichkeit geschaffen, Modellprojekte zur Grippeimpfung in den Apotheken aufzusetzen. Das Besondere: Nicht nur die Verbände dürfen solche Vorhaben aushandeln, sondern auch Zusammenschlüsse und Gruppen von Apotheken, also auch zum Beispiel Apothekenkooperationen. Erst kürzlich hatte der Pharmagroßhändler Gehe darüber informiert, in Schleswig-Holstein ein entsprechendes Modellprojekt mit der AOK NordWest vereinbart zu haben. Und: Die Kassen sind nach dem Wortlaut des einschlägigen Paragrafen eigentlich verpflichtet, solche Verträge abzuschließen, wenn die Apotheker sie dazu auffordern.


Die Krankenkassen oder ihre Landesverbände haben mit Apotheken, Gruppen von Apotheken oder mit den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgeblichen Organisationen der Apotheker auf Landesebene, wenn diese sie dazu auffordern, Verträge über die Durchführung von Modellvorhaben in ausgewählten Regionen zur Durchführung von Grippeschutzimpfungen bei Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, in Apotheken mit dem Ziel der Verbesserung der Impfquote abzuschließen.

Absatz 1 Satz 1 § 132j SGB V


Dem verlieh Lauterbach Nachdruck. Er forderte die Krankenkassen explizit auf, solche Verträge mit seinem Verband abzuschließen. Sollte es dazu kommen, werden viele via-Mitglieder offenbar bestens vorbereitet sein: Am heutigen Mittwoch startet der Verband seine erste Impf-Fortbildung für interessierte Apotheker:innen. Zunächst sind 15 Pharmazeutinnen und Pharmazeuten dabei, es gebe jedoch bereits rund 50 Anmeldungen. 

Lauterbach: „Wir werden bereit sein“

Das Angebot geht Lauterbach zufolge allerdings „weit über die Grippeimpfung hinaus“. Ebenfalls im Blick habe man mögliche COVID-19-Impfungen in den Apotheken. „Wenn plötzlich mehr Impfstoff zur Verfügung steht, werden wir bereit sein“, sagte er. Denn es sei zu erwarten, dass die Arztpraxen bei deutlich steigenden Impfstoffmengen die Last nicht mehr allein schultern können werden. „Die Ärzte müssen sich irgendwann auch mal wieder um ihre normalen Patienten kümmern“, gab Lauterbach zu bedenken.

Um den Apotheken hierzulande ein solches Angebot machen zu können, hat sich via Unterstützung aus der Schweiz gesichert. Marc Otto, Verwaltungsrat des Unternehmens Pharma Nation Network (pnn AG), das sich auf Apothekenfortbildungen spezialisiert hat und auch für die via-Schulung verantwortlich zeichnet, berichtete vom Status Quo im Nachbarland. Dort dürfen Apotheken Kanton-abhängig nicht nur gegen Grippe, sondern auch gegen diverse andere Erkrankungen impfen, etwa FSME und Hepatitis. In zehn Kantonen verabreichen die Schweizer Kolleginnen und Kollegen inzwischen sogar die COVID-19-Vakzinen.

Schweiz: Ärzte sind froh, dass Apotheker impfen

Ähnlich wie in Deutschland habe es auch dort viele Befürchtungen gegeben, vor allem vonseiten der Ärzte. Zu unerwünschten Ereignissen sei es beim Impfen in den Apotheken allerdings kaum gekommen. „Inzwischen sind die Ärzte froh, dass sich jetzt die Apotheken um diese wenig lukrative Aufgabe kümmern“, sagte Otto. Rund 60 Prozent der Betriebe in der Schweiz böten Grippeimpfungen an, in der vergangenen Saison immunisierten sie Otto zufolge insgesamt etwa 35.000 Menschen. Das entspreche rund 3 Prozent aller verabreichten Dosen.



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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