Studie zur Zukunft der Generika-Industrie

„Innovieren statt (nur) Kopieren“

Remagen - 26.05.2021, 09:15 Uhr

Wie könnte unsere Arzneimittelversorgung in zehn Jahren aussehen? (Foto: Kenishirotie / AdobeStock)

Wie könnte unsere Arzneimittelversorgung in zehn Jahren aussehen? (Foto: Kenishirotie / AdobeStock)


Rückverlagerung der Produktion nur schwer möglich

Schon vor der COVID-19-Pandemie wurden angesichts der zunehmenden Liefer- und Ver­sorgungsengpässe Forderungen immer lauter, Produktionsstätten von Arzneimitteln wieder mehr nach Europa zu verlagern.

Die Delphi-Experten sehen solche Initiativen jedoch eher skeptisch. Sie halten eine Rückverlagerung für viel zu teuer, wenn die Regierungen der Staaten die rückverlagerte Produktion im eigenen Land nicht massiv subventionieren. Als zweites Argument führen sie an, dass viele Un­ternehmen gar nicht mehr rückverlagern könnten, weil das nö­tige Know-how für einige Wirkstoffe schlicht per Offshoring verloren gegangen sei. Und selbst wenn der Gesetzgeber eine nennens­werte Rückverlagerung verlangen würde und durchsetzen könnte, entstünden neue Produktionsstätten nicht über Nacht, sondern eher im Zeitraum von einer bis eineinhalb Dekaden.

36 Chancen

In einem weiteren Schritt werden in der Studien-Analyse 36 „Chancen“ identifiziert, die für die Zukunft besonders viel Erfolgspotenzial versprechen. Hierunter werden Innovationen, bereits bestehende Prototypen, neuartige Geschäftsmodelle oder auch politische Entwicklungen subsumiert. Beispiele sind ein Universaltest für Dutzende Krankheiten in der Hausapotheke, die perfekte Arzneimittel-Dosierung per Biosensor, die smarte Hausapotheke, die selbst Produkte nachordert, die smarte Bluetooth-Tablette, strategische Apotheken-Allianzen und die Turbo-Medikamentenentwicklung mit KI.

„Wir alle brauchen einen Plan B“

Auf Basis der Delphi-Befragung und umfangreicher Umfeldanalysen entwickelt die Studie schließlich vier mögliche Zukunftsszenarien, die ein Bild abgeben, wie die Arzneimittelversorgung im Jahr 2030 und darüber hinaus aussehen könnte. Aus der Gesamt­schau leiten die Autoren einige zwingende Schlussfolgerungen ab, allen voran, dass die Branche dringend, schnellstmöglich und deutlich innovativer werden müsse. Sie raten dazu, eigene F&E-Abteilun­gen zu gründen oder deutlich zu verstärken, systematische Inno­vationsprozesse aufzulegen, gedankliche Heterogenität aktiv zu fördern und die „Out-of-the-Box-Perspektive auch und gerade subversiver Kreativer“ nicht als lästiges Übel zu betrachten. 

Aus Ex­pertensicht ist die Zukunft umstrittener und umkämpfter als jemals zuvor in der Geschichte der Branche. „Wer immer noch Plan A verfolgt, wird garantiert von der Zukunft überrascht werden“, so das Fazit der Autoren. „Wir alle brauchen einen Plan B, der über das tradi­tionelle Geschäftsmodell hinausweist. Für Generikahersteller bedeutet das: Innovieren statt (nur) Kopieren.“



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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