Kleine Anfrage an die Bundesregierung

FDP wünscht mehr Auskünfte zu Sputnik V

Berlin - 14.05.2021, 16:45 Uhr

Nach wie vor gibt es viele offene Fragen zum russischen COVID-19-Impfstoff Sputnik V (c / Foto: IMAGO / NurPhoto)

Nach wie vor gibt es viele offene Fragen zum russischen COVID-19-Impfstoff Sputnik V (c / Foto: IMAGO / NurPhoto)


Im August 2020 hat Russland den weltweit ersten COVID-19-­Impfstoff zugelassen. Auch wenn die Impfquoten in Russland noch gering sind und es auch um die Datenlage nicht zum Besten steht, wird „Sputnik V“ bereits in zahlreichen Staaten verimpft. In Europa befindet sich die Vakzine in einem Rolling-Review-Verfahren bei der EMA. Die FDP-Bundestagsfraktion hat nun bei der Bundesregierung nachgefragt, wie sie den russischen Impfstoff bewertet und was sie überhaupt über ihn weiß. Die Antworten stellen den Abgeordneten Andrew Ullmann allerdings nicht zufrieden.

Sputnik V wurde am staatlichen Gamaleja-Institut für Epidemiologie und Mikrobiologie in Moskau entwickelt. Obwohl die Vakzine bereits im vergangenen Sommer die Zulassung in Russland erhielt, ist die Impfquote dort vergleichsweise bescheiden. Lange beklagte man hierzulande eine mangelnde Transparenz mit Blick auf die Studiendaten. Bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) ist erst Anfang März das Rolling-Review-Verfahren angelaufen. Doch Sputnik V ist russischen Angaben zufolge bereits in mehr als 60 Ländern zugelassen – und mittlerweile gibt es auch eine im „The Lancet“ veröffentlichte Studie, die dem Impfstoff gute Wirksamkeit und Verträglichkeit attestiert.

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Kürzlich sorgten einige Länderchefs für Aufsehen: Markus Söder (CSU) unterzeichnete im April einen Vorvertrag, der seinem Bundesland ein Sputnik V-Kontingent sichern soll – und die Vakzine soll auch direkt in Bayern hergestellt werden. Auch die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), setzt auf Sputnik V. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wiederum kündigte im April bilaterale Gespräche mit Russland über eventuelle Sputnik-Lieferungen an. Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut, Thomas Mertens, äußerte im vergangenen März in einem Interview: „Das ist ein guter Impfstoff, der vermutlich auch irgendwann in der EU zugelassen wird. Die russischen Forscher sind sehr erfahren mit Impfungen. Sputnik V ist clever gebaut“.

Nun hat sich die FDP-Bundestagsfraktion mit einer Kleinen Anfrage rund um die russische Vakzine an die Bundesregierung gewandt. Unter anderem wollte sie grundsätzlich wissen, wie diese Sputnik V bewertet. Dazu erklärt Sabine Weiss (CDU), Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium (BMG), recht neutral, dass das Konzept aus einem heterologen „Prime-Boost Schema“ mit einer humanen Adenovirus-Vektor 26 basierten Impfstoffkomponente und einer humanen Adenovirus-Vektor 5 basierten Impfstoffkomponente bestehe. Die Adenovirus-Vektor 26-Plattform werde auch für den COVID-19-Impfstoff der Firma Johnson & Johnson genutzt. Die Verwendung bestimmter Adenoviren zur Impfstoffherstellung komme zudem beim COVID-19-Impfstoff von AstraZeneca und chinesischen Herstellern sowie bei zugelassenen Impfstoffen gegen Ebola zum Einsatz. Das Verfahren zu Spuntik V bei der EMA dauere derzeit noch an. „Ein Zeitplan für eine mögliche Erteilung der Zulassung durch die Europäische Kommission steht nach Kenntnis der Bundesregierung noch nicht fest“.

Vier Gespräche zwischen BMG und russischen Vertretern

Weiterhin fragten Liberalen, ob es Kontakte zwischen dem BMG und der russischen Botschaft beziehungsweise Vertretern der russischen Regierung bezüglich Sputnik V gab und ob es Bemühungen der Bundesregierung gebe, Produktionskapazitäten für Sputnik V in Deutschland aufzubauen. Hierzu führt Weiss aus, dass im vergangenen Quartal vier solcher Gespräche auf Leitungsebene des BMG mit Vertretern der Botschaft sowie mit dem russischen Gesundheitsministerium stattgefunden hätten. Auch führe die Bundesregierung derzeit Gespräche mit dem Russian Direct Investment Fund (RDIF) über eine mögliche Lieferung von Sputnik V für Deutschland. Weiss stellt aber erneut klar: „Voraussetzung für die Beschaffung und eine Zusammenarbeit bei der Herstellung ist eine Zulassung des Impfstoffs Sputnik V durch die EMA“. Was etwaige Produktionsstätten in Deutschland betrifft, verweist sie darauf, dass dies „regelmäßig eine unternehmerische Entscheidung“ sei. Die Staatssekretärin erklärt aber auch: „Die Bundesregierung bemüht sich grundsätzlich, alle Unternehmen, die Impfstoffe produzieren oder am Aufbau von Produktionskapazitäten für COVID-19-Impfstoffe beteiligt sind, zu unterstützen“.

Viele Fragen bleiben offen

Die FDP-Fraktion wollte überdies wissen, ob die Bundesregierung Kontakt zum russischen Staat beziehungsweise zu russischen Forschern aufgenommen habe, die an der Entwicklung beteiligt waren, um weitere Daten aus klinischen Studien von Sputnik V zu erhalten. Dazu erklärt Weiss, dass die Beratungsgespräche des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) auch einen wissenschaftlichen Austausch umfassten. „Es liegt aber in der Verantwortung des Herstellers als Antragssteller einer Zulassung, die notwendigen Daten einzureichen“.

Weiterhin geht aus den Antworten hervor, dass nach Kenntnis der Bundesregierung auf europäischer Ebene keine (Vor-)Verhandlungen zur Sicherung von Kontingenten mit Sputnik V stattgefunden haben. Ebenso wenig weiß sie Genaueres über die Produktionsstandorte von Sputnik V.

Auch einige sehr spezifische Fragen der FDP-Fraktion vermag Weiss nicht zu beantworten: So hat sie keine über die Medienberichte hinausgehenden Informationen, woran es liegt, dass die russische Impfkampagne so langsam voranschreitet. Sie weiß auch nicht, welche Impfstoffe sonst noch in Russland gegen COVID-19 zum Einsatz kommen. Ebenso wenig verfügt sie über gesicherten Daten zur von der FDP angefragten Exportmenge von Sputnik V.

Dagegen wird der Bundesregierung sicher bekannt sein, ob Sputnik V schon Beratungsgegenstand auf Ministerpräsidentenkonferenzen oder beim Impfgipfel von Bund und Länder war. Aber dazu erklärt Weiss nur: „Besprechungen zwischen Bund und Ländern sind vertraulich. Es können keine Angaben zum Beratungsgegenstand gemacht werden“.
 

Ullmann: Erstaunliches gewolltes Unwissen

Andrew Ullmann, Obmann der FDP-Bundestagsfraktion im Gesundheitsausschuss, überzeugen die Antworten nicht: „Das gewollte Unwissen ist erstaunlich. Die Bundesregierung weiß nichts über Sputnik V oder das schleppende Impfprogramm in Russland, was über Medienberichte hinausgeht. Trotzdem wollen sich Spahn und Söder öffentlichkeitswirksam Kontingente von Sputnik V sichern und entsprechende Produktionskapazitäten in Deutschland aufbauen. Sie sollten stattdessen von der russischen Regierung Daten und Auskünfte zu unseren Fragen verlangen. Wer kein Interesse an evidenzbasierter Medizin oder Politik hat, ist in der Gesundheitspolitik falsch. “



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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8 Kommentare

Sputnik V

von Bettina am 27.05.2021 um 14:10 Uhr

Lasst endlich den Impfstoff zu es gibt keinen Grund warum nicht!

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Sputnik V in EU und Deutschland

von Andrea Kritzler am 18.05.2021 um 7:13 Uhr

Leider sind die westlichen Pharmafirmen mit Ihren finanziellen Einfluss in der EU und Deutschland bestimmend. Die Bundesregierung hat einen Eid „…alles zum Wohl des Volkes zu tun“ geleistet. Besser wäre „alles zum Wohl der In-und ausländischen Konzerne zu tun.Dafür sterben täglich hunderte Menschen in Deutschland. Wohlgemerkt Sputnik V wird bereits in mehr als 60 Ländern geimpft..
Was tut unsere Regierung, nichts außer „pla,pla,pla“
Und der Bundespräsident empfiehlt „ stellt Kerzen für die Toten der Pandemie ins Fenster“.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Sputnik V in EU und Deutschland

von Hans-Ulrich Schneider am 19.05.2021 um 13:49 Uhr

Wie unsere Regierung den Amtseid für sich auslegt, kann man sehr schön an Hand der Initiative von Prof. Winfried Stöcker aus Lübeck sehen. Er hatte nach eigenen Aussagen einen Corona-Impfstoff entwickelt und diesen an sich und seinen Familienangehörigen erfolgreich getestet. Nach weiteren Tests, verabreichte er ihn erfolgreich an weiteren Patienten. Statt seine Initiative staatslicherseits zu unterstützen, beschäftigt sich nun die Staatsanwaltschaft Lübeck mit ihm und leitete ein Ermittlungsverfahren gegen ihn ein. Trotzdem scheint der Zuspruch groß zu sein, so entdeckte ich heute eine Mitteilung der Kieler Nachrichten, nach der der umstrittene Antigen-Impfstoff in mehreren Arztpraxen verimpft wurde. Wem dieses Thema interessiert, kann sich im Internet weiter informieren.

Sputnik Impfstoff

von Eduard Sarach am 17.05.2021 um 17:07 Uhr

bin Impfwilliger, möchte allerdings Sputnik v .
Bedauere die zögerliche Haltung der Verantwortlichen, die gesundheitliche und wirtschaftlichen Schaden verursachen.

Mit freundlichen Grüßen

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Sputnik Impfstoff

von Hans-Ulrich Schneider am 18.05.2021 um 18:47 Uhr

Ich glaube, um hier erfolgreich zu sein, wäre es sicher sinnvoll, Gleichgesinnte zu suchen und dann gemeinsam den deutschen Verantwortlichen ordentlich “Beine zu machen". Was wurde denn diesbezüglich, bis auf vereinzelte Absichtserklärungen, bisher getan? Ich meine, so gut wie nichts. Vielleicht sollte eine Petition ins Leben gerufen werden, in der die Forderung nach diesem Impfstoff einmal, ohne politische Vorbehalte, detailliert begründet wird.

Aus meiner Sicht erfolgt bei der Bewertung der Corona-Impfstoffe eine Ungleichbehandlung durch die EMA. Bei welchem Impfstoff hat die bisherige Bewertung schon so lange gedauert, wie bei Sputnik V? Und ein Ende der Prüfung scheint nicht abzusehen zu sein. Mich würde einmal interessieren, um was es sich konkret für Angaben handelt, die die russischen Forscher angeblich nicht offenlegen. Könnten die eventuell dem Betriebsgeheimnis der russischen Entwickler bzw. Produzenten unterliegen?

Wie in der Presse mehrfach zu lesen war, besteht die Möglichkeit einer "Nationaler Notfallzulassungen", man kann also auf die EMA verzichten. Warum tun wir es nicht und nehmen nicht direkten Kontakt zu unserem EU-Partner Ungarn auf? Hier könnte man sich doch über deren Erfahrungen erkundigen, auch bezüglich eventueller Nebenwirkungen des Impfstoffes. Warum auch immer, der politische Wille ist scheinbar nur vereinzelt vorhanden. Ich finde so eine Handlungsweise verantwortungslos.

AW: Sputnik Impfstoff

von Zana P. am 18.05.2021 um 23:07 Uhr

Meine Familie möchte ebenfalls nur mit dem russischen Impfstoff geimpft werden.

Finde es ungeheuerlich, dass man hier Politik über das Wohlergehen vieler Menschen stellt...ein schmutziges Spiel...pfui..

Sputnik V

von Lozovskyy am 16.05.2021 um 17:00 Uhr

Hauptsache amerikanische Pharma muss verdienen , besonders wenn von der Lügen agiert

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Zulassung von Sputnik V

von Hans-Ulrich Schneider am 15.05.2021 um 12:12 Uhr

Aus meiner Sicht gibt es Interessengruppen sowohl in der EU, als auch bei uns in Deutschland, die den russischen Impfstoff in der EU mit allen Mitteln verhindern wollen. Sie verlieren dabei vollkommen aus den Augen, daß durch den frühzeitigen Einsatz dieses Impfstoffs vielleicht Zigtausende Menschenleben hätten gerettet werden können. So ein Bremsklotz ist nach meiner Meinung die EMA, eine Agentur der EU. Man braucht sich doch nur einmal die Herkunft der "Führungsetage" mit Frau Cooke an der Spitze anzuschauen oder, was vielleicht noch aussagekräftiger ist, die Quelle ihrer Finanzierung, angeblich zu über 80% durch US-Pharmafirmen. Da kann sich jeder selber so seine Gedanken machen, warum trotz der Einleitung des Rolling-Review-Verfahren, vor über 2 Monaten, noch keine Ergebnisse vermeldeten wurden. Wenn der deutschen Regierung das Schicksal der deutschen Bevölkerung wirklich am Herzen liegen würde, hätte sie schon längst, nach entsprechender nationalen Prüfung, den russischen Impfstoff freigeben können. Schließlich ist dies scheinbar schon in mindestens 60 anderen Staaten geschehen, ohne daß große negative Auswirkungen bekannt geworden sind.

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