Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

28.02.2021, 08:00 Uhr

Noch keine kostenlose Tests in Apotheken, bald aber Laien-Schnelltests im Discounter – Spahns Auf und Ab (Foto: Alex Schelbert)

Noch keine kostenlose Tests in Apotheken, bald aber Laien-Schnelltests im Discounter – Spahns Auf und Ab (Foto: Alex Schelbert)


Das Auf und Ab der Spahnschen Ankündigungen bleibt uns erhalten. Letzte Woche noch kostenlose Tests für alle, diese Woche pfeift das Corona-Kabinett den Gesundheitsminister zurück: Darüber müsse erst noch beraten werden. Lichtblick mit Trübung: Die ersten Corona-Schnelltests für Laien sind zugelassen — sie liegen bald beim Discounter in der Schütte (und in der Apotheke bei den Langsamdrehern). Spahn hofft, dass die begleitende Gebrauchsanweisung jeder versteht. Genau, mein liebes Tagebuch, und zur Not kann man ja die Kassiererin des Supermarkts fragen. Vielleicht kommt dafür der AstraZeneca-Impfstoff schon bald in den Apotheken-Kühlschrank? Und nicht vergessen: Efluelda-Grippeimpfstoff ordern, sonst gibts im Herbst ein Desaster. 

22. Februar 2021

„Kostenlose Antigen-Schnelltests für alle! Ab 1. März!“ – das war Spahns Ankündigung in der letzten Woche. Klang ein bisschen wie Milch und Honig für alle im Paradies. Wie fein, mein liebes Tagebuch, doch da war unser Bundesgesundheitsminister wohl ein bisserl vorgeprescht. Das Corona-Kabinett unter Leitung der Bundeskanzlerin hat Jens Spahn zurückgepfiffen. Man wolle das erstmal im Corona-Kabinett am 3. März besprechen und überhaupt müsse noch beraten werden, wie viele Schnelltests es für jedermann kostenlos geben solle. Also, mein liebes Tagebuch, so schnell wird’s das Paradies nicht gehen. Andererseits, mal ehrlich, es war wieder mal so eine Spahn-Ankündigung, gut gemeint, aber nicht zu Ende gedacht. Darüber hinaus  stehen noch so viele Fragen im Raum, z. B. ob die 9 Euro Honorar für den PoC-Antigen-Schnelltest, den Apotheken anbieten, wohl wirklich das letzte Wort sind. Außerdem lassen sich Testzentren, wie sie z. B. auch von Apotheken eingerichtet werden, nicht über Nacht und aus dem Nichts einrichten – die Ankündigung kostenlose Tests ab 1. März ist auch vor diesem Hintergrund vorschnell gewesen. Bevor man solche vollmundigen Versprechen raushaut, wäre es besser gewesen, mal mit denen zu sprechen, die das umsetzen sollen.

Das hat er nun davon, unser Bundesgesundheitsminister: Enttäuschung auf vielen Ebenen. Mehrere Politiker, z. B. auch Michael Müller, der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz und Regierende Bürgermeister von Berlin, und der FDP-Chef Christian Lindner zeigten sich enttäuscht, dass die kostenlosen Massentests später kommen sollen als erwartet.

Und wie reagierte Spahn? Er ist da flexibel genug, einzulenken: Wichtiger als der pünktliche Start am 1. März sei, dass Bund und Länder geschlossen hinter dem Instrument der Schnelltests stünden. „Daher ist es auch vertretbar, wenn es jetzt etwas länger dauert“, zeigte er sich einsichtig. Für geplante Gratis-Schnelltests durch geschultes Personal für alle Bürger liege bereits eine Verordnung vor, „die Finanzierung dafür ist vom Finanzministerium zugesagt, die Infrastruktur im Aufbau“. Sein Wort in Gottes Ohr. Übrigens, mein liebes Tagebuch, Spahn ist sich sicher, dass das Angebot für kostenlose Schnelltests kein Chaos auslösen werde. Er verwies vielmehr auf die vielen Kommunen, die bereits Testzentren zum Teil zusammen mit Apotheken eröffnet haben. Ein Vorbild dafür sei etwa Böblingen geworden, meinte der Minister. Wie wahr, mein liebes Tagebuch, wer wissen will, was er damit meint, schaut sich das Schönbuch-Testzentrum unseres Kollegen Björn Schittenhelm an.


Man kann der EU bei der Corona-Impfstoffbeschaffung durchaus einiges vorwerfen: zu wenig, zu zögerlich, zu unentschlossen. Man kann ihr aber nicht zum Vorwurf machen, dass sie nicht vorausschauend gewesen ist, wenn man Berichten von Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) Glauben schenkt. So habe sich die EU gerade im Bereich der Abwehr von biologischen Gefahren, wie sie mit der Corona-Pandemie eingetreten, ist, schon sehr früh damit befasst und versucht, konkrete Forschung in diese Richtung anzustoßen. Allerdings hätten in diesem Fall die großen Pharma-Hersteller gebremst, heißt es in den NGO-Berichten. So habe es seitens der EU beispielsweise Pläne gegeben, „die Entwicklung und Genehmigungsmöglichkeiten für Impfstoffe gegen priorisierte Pathogene maximal möglich zu befördern – bevor ein Ausbruch auftritt“ – wird ein Vertreter der EU-Kommission in der britischen Tageszeitung „Guardian“ zitiert. Und laut NGO-Berichten wollte die EU schon 2017 ein Forschungs-Förderungsvorhaben beantragen, Impfstoffe insbesondere gegen Coronaviren zu entwickeln. Aber Vertreter der Pharmaindustrie hätten dies abgelehnt, man habe die EU-Forschungsgelder eher für kommerziell rentablere Projekte genutzt. Mein liebes Tagebuch, besser als die ZDF-Kabarettsendung „Die Anstalt“ kann man die Pharma-Ignoranz wohl nicht auf den Punkt bringen: „Die Industrie hatte kein Interesse, obwohl die EU ihr alles bezahlt hätte.“



Peter Ditzel (diz), Apotheker
Herausgeber DAZ / AZ

redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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4 Kommentare

Spahn

von Karl Friedrich Müller am 28.02.2021 um 13:02 Uhr

hat Spahn keinen guten Freund, der ihn mal bremst? Ihn hindert, ständig haltlose Ankündigungen von sich zu geben?
Impfung
Schnelltests
Krankenhäuser nicht überlastet
Masken
die Liste ist endlos. Nun musste ihn schon die Kanzlerin bremsen....
Merkt er nicht, wie sehr er sich schadet zu seinen Skandalen dazu,, die immer mehr werden?
Essen für 9999€, damit nicht anzeigepflichtig (Rent-a-Minister?), bei dem er wohl schon eine Coronainfektion hatte
seine undurchsichtigen Immobiliengeschäfte mit Freunden und Bekannten, die auch noch gute Stellen bekamen
in dem Zusammenhang das Ausforschen von Journalisten....oh weh
Die Realitätsferne ist atemberaubend. Er denkt sich die Welt nach seinen Träumen....
nun sind schon Discounter besser als Apotheken...
Kanzlerkandidat, ernsthaft?

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Spahn

von Karl Friedrich Müller am 28.02.2021 um 13:46 Uhr

PS: wir werden wegen des Tests nicht "angehimmelt". Wir sollen für ein unterirdisches Honorar den Lückenbüßer spielen bis die Selbsttests auf dem Markt sind. Uns wird zugemutet, zu investieren und dann auf den Kosten sitzenzubleiben.
Spahn nimmt den Mund voll und dann MUSS es auf Biegen und Brechen SOFORT passieren. Er könnte ja Schaden nehmen... Merkel hat mehr EInsicht.
Zu der Lage bei den MVZ hat die Süddeutsche schon vor Jahren berichtet und gewarnt. Nun ist man sehr spät auf das Problem aufmerksam geworden und sieht es dann doch nicht. Fremdbesitz, gerade bei den Zahnärzten, scheint normal geworden zu sein, weil es doch einiges Kapital braucht, um vor allem gut gehende Praxen aufzukaufen. Da hilft ein Kniff. Das ist der Weg, wie der DAZ richtig festgestellt, das Fremdbesitzverbot zu umgehen, auch bei den Apotheken. Hilfreich ist hier natürlich, dass sich kaum jemand den Stress noch antun will. Man will auch etwas Lebensqualität und keine 80 Stunden in der Woche arbeiten
Die Regelung bei den Grippeimpfstoffen war mal wie gewohnt unterirdisch. Alles gelaufen? Nein.... kurz vor Toreschluss muss eine Änderung her und Ärzte wie Apotheken in Aufregung versetzt. Hätte das nicht zur nächsten Saison gereicht, zumal der Vorteil marginal ist?
Der DAV verhält sich da nicht anders. Ebenso kurz wird man über Änderungen im Regelwerk informiert - immer! Es ist eine Zumutung!

Abgabe der Schnelltests außerhalb der Apotheke

von Constanze Schäfer am 28.02.2021 um 8:52 Uhr

Wie wäre es mit einem Sachkundenachweis für die Abgabe von Medizinprodukten ähnlich wie AMG § 50 für die freiverkäuflichen Arzneimittel? Das würde die Apotheken stärken, das Berufsbild von PKA, die im Rahmen ihrer Ausbidung einen solche Nachweis erlangen könnten, attraktiver machen und vor allem DIE VERSORGUNG DER BEVÖLKERUNG wäre qualitativ angemessen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Aus der Beschaffung von Corona-Impfstoffen lernen...

von Gunnar Müller, Detmold am 28.02.2021 um 8:49 Uhr

... heißt bezogen auf die Grippe-Impfung ...?!

Welche Bedeutung aber hat im vorhersehbaren Umkehrschluss die Festlegung auf Efluelda für ein „Ranking“ bei den Corona Impfstoffen…??

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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