Saisonale Coronaviren: Studie in „Cell“

Kein Schutz vor COVID-19 durch frühere Erkältungen

Stuttgart - 18.02.2021, 07:00 Uhr

Antikörper saisonaler Coronaviren verhindern keine SARS-CoV-2-Infektion. (Foto: dottedyeti / stock.adobe.com)

Antikörper saisonaler Coronaviren verhindern keine SARS-CoV-2-Infektion. (Foto: dottedyeti / stock.adobe.com)


Jede fünfte Probe enthält kreuzreaktive Antikörper – doch sind sie auch neutralisierend?

Sie untersuchten insgesamt 431 Serumproben – 263 von Kindern im Alter von 1 bis 17 Jahren (vom Children`s Hospital of Philadelphia) und 168 von Erwachsenen zwischen 18 und 90 Jahren (Penn Medicine Biobank). Um bei der Penn Medicine Biobank ausgewählt zu werden, durften die Personen keine Organtransplantation oder Krebs in der Vorgeschichte aufweisen, in den letzten neun Monaten nicht schwanger gewesen sein, und sie durften keine Infektionskrankheit innerhalb der letzten 28 Tage vor Blutentnahme durchgemacht haben. Die ausgewählten Seren wurden mit Laborviren versetzt, die Oberflächenstrukturen (u. a. SARS-CoV-2-Spikeprotein) trugen, und es wurde geprüft, ob eine Antigen-Antikörperreaktion stattfand.

Die Wissenschaftler:innen fanden in etwa 20 Prozent dieser 2017 entnommenen Proben kreuzreaktive Antikörper (IgG) gegen SARS-CoV-2: 4,2 Prozent der Serumproben enthielten Antikörper, die mit dem SARS-CoV-2-Spikeprotein (S) in voller Länge reagierten, bei 0,93 Prozent der Proben reagierten die früheren Coronavirus-Antikörper mit der Rezeptorbindungsdomäne (RBD) des SARS-CoV-2-Spikeproteins. Die meisten Proben (16,2 Prozent) enthielten jedoch Antikörper, die mit dem SARS-CoV-2-Nukleokapsidprotein (N) reagierten, also auf die Proteinhülle von SARS-CoV-2 passten. Bedeutsam ist hier: Antikörper gegen das Nukleokapsid wirken selten neutralisierend. Am ehesten erwartet man eine neutralisierende Wirkung von Antikörpern, die sich gegen die Rezeptorbindedomäne von SARS-CoV-2 richten – diese benötigt SARS-CoV-2, um in die menschliche Zelle zu gelangen. Ist diese jedoch durch Antikörper besetzt, kann SARS-CoV-2 nicht in die Zelle (neutralisierende Antikörperwirkung). Die Wissenschaftler:innen schreiben: „Im Gegensatz zu Serum-Antikörpern von bereits an COVID-19 Erkrankten (PCR-bestätigt), wiesen Serumantikörper von Personen vor der Pandemie sehr niedrige oder nicht nachweisbare Konzentrationen von SARS-CoV-2 neutralisierenden Antikörpern auf, unabhängig davon, ob die Probe kreuzreaktive Antikörper gegen SARS-CoV-2 Spike und Nukleokapsidproteine besaß oder nicht“. Das bedeutet: Die Wissenschaftler:innen fanden zwar kreuzreaktive Antikörper, diese waren jedoch nicht neutralisierend.

Kinder haben gleiche Coronavirus-Antikörperkonzentrationen wie Erwachsene

Am häufigsten hatten die präpandemischen Serumproben Antikörper gegen das Spikeprotein der humanen Coronaviren 229E, NL63 und OC43, wobei die höchsten Antikörperspiegel für hCoV-OC43 festgestellt wurden. Auch fanden die Wissenschaftler:innen keine Unterschiede zwischen Kindern oder Erwachsenen hinsichtlich der Antikörperkonzentrationen (entgegen anderen Studien: siehe Infokasten). Doch abgesehen von diesen reinen Labortests – verhindern diese saisonalen Coronavirus-Antikörper vielleicht unter realen Bedingungen COVID-19? Das war die Frage hinter einer weiteren Studie.

Verhindern kreuzreaktive Antikörper COVID-19 oder mildern schwere Verläufe?

In einer weiteren Untersuchung verglichen die Wissenschaftler:innen sodann 251 präpandemische Serumproben von mittlerweile an COVID-19 Erkrankten (und wieder Gesundeten) mit 251 präpandemischen Serumproben von Personen, die sich bislang nicht mit SARS-CoV-2 infiziert haben. Erkranken Menschen mit kreuzreaktiven Antikörpern gegen saisonale Coronaviren seltener oder weniger schwer an COVID-19? Die Ergebnisse ähneln der ersten Studie: In 23,9 Prozent der präpandemischen Proben fanden sich Antikörper, die mit dem SARS-CoV-2-Nukleokapsidprotein reagierten, 2,2 Prozent der Serumproben enthielten Antikörper, die gegen das SARS-CoV-2-Volllängen-Spikeprotein reaktiv waren, und nur 0,6 Prozent der Proben besaßen präpandemische Antikörper, die mit der SARS-CoV-2 S-Rezeptorbindedomäne interagierten.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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