Bis auf den letzten Tropfen

NRW: Aus Comirnaty kann auch siebte Dosis genutzt werden

Stuttgart - 11.02.2021, 16:00 Uhr

Durch die Zulassung gedeckt ist die siebte Dosis nicht – sie liegt also in der ärztlichen Verantwortung. (Foto: IMAGO / Joerg Boethling)

Durch die Zulassung gedeckt ist die siebte Dosis nicht – sie liegt also in der ärztlichen Verantwortung. (Foto: IMAGO / Joerg Boethling)


Aus den Impfstoff-Fläschchen von Biontech/Pfizer kann in Nordrhein-Westfalen auch eine mögliche siebte Dosis genutzt werden. Ein Sprecher des NRW-Gesundheitsministeriums in Düsseldorf rät zu Pragma­tis­mus. Die DAZ hatte bereits im Januar berichtet, dass die Rufe nach der optimalen Nutzung des begehrten Impfstoffs lauter werden – und dass nicht nur rein rechnerisch die Menge von 2,25 ml auch für sieben Dosen reichen kann. 

„Wir sagen: Macht das pragmatisch“, erklärte ein Sprecher des NRW-Gesundheitsministeriums am gestrigen Mittwoch in Düsseldorf gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Demnach darf aus den Impfstoff-Fläschchen von Biontech/Pfizer in Nordrhein-Westfalen auch eine mögliche siebte Dosis genutzt werden. Voraussetzung sei, dass aus dem jeweiligen Fläschen eine volle siebte Einzeldosis von 0,3 Millilitern entnommen werden könne. Dagegen bestünden keine Bedenken. 

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Nicht passieren dürfe aber, dass aus verschiedenen Fläschchen Impfstoff vermischt werde. Das Landesministerium geht laut dpa weiter davon aus, dass in der Regel sechs Impfdosen pro Fläschchen enthalten sind, weil die Zulassung diese Anzahl vorsieht. Zuvor hatte der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtet, dass die siebte Dosis genutzt werden könne. 

Am 8. Januar hatte die Europäische Arzneimittelbehörde EMA empfohlen, die Produktinformation des Biontech/Pfizer-Impfstoffs gegen COVID-19 zu aktualisieren. Damit sollte klargestellt werden, dass jede Impfampulle sechs statt fünf Dosen enthält. Allerdings nur, wenn bei der Entnahme Spritzen und/oder Nadeln mit geringem Totvolumen verwendet werden.

Eine siebte Dosis ist möglich – bei mindestens 50 Prozent der Ampullen

Wie die DAZ 3/2021 berichtete, enthält eine Comirnaty-Ampulle nach Verdünnung 2,25 ml Impfstoff, „rechnerisch also sieben Dosen à 0,3 ml“. Bereits am 14. Januar 2021 hatte die „Stuttgarter Zeitung“ mit Prof. Dr. Hans-Peter Lipp, Tübingen, Prof. Dr. Martin Hug, Freiburg, und Dr. Karlheinz Stiefvater, Mannheim, gleich mehrere Klinikapotheker in leitender Funktion zitiert. Diese plädierten für die Entnahme einer siebten Dosis. Mithilfe von Feindosierspritzen sei das durchaus möglich, hieß es. Prof. Dr. Lipp, Chefapotheker der Apotheke der Universitätsklinik Tübingen, erklärte gegenüber der DAZ, dass er dies selbst ausprobiert habe. 

Seinen Erfahrungen zufolge ist die siebte Entnahme bei entsprechendem handwerklichen Geschick und dem richtigen Besteck bei mindestens 50 Prozent der Ampullen möglich. Auch die FDA sieht die siebte Dosis als eine Option. 

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Durch die Zulassung gedeckt, ist die siebte Dosis nicht – es liegt also in der ärztlichen Verantwortung. Angesichts des großen Mangels an Impfstoff hält Lipp das für vertretbar. Doch auch er betont, dass keinesfalls Ampullenreste gesammelt und dann verimpft werden sollten. Denn der aus mRNA-haltigen Lipidnanopartikeln bestehende Impfstoff sei sehr empfindlich, so dürfe er keinesfalls geschüttelt werden, hieß es in der DAZ 3/2021. Zudem ist der Impfstoff unkonserviert, aufgezogene Spritzen sollten also unmittelbar verimpft werden.


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2 Kommentare

das hat nichts mit "Strecken" zu tun . . .

von Martin Trunk am 12.02.2021 um 9:16 Uhr

Offensichtlich haben Sie keine Kenntnis im Bereich der Sterilherstellung. Ohne Kenntnis der zugrunde liegenden Vorgänge können Sie nicht von einer "maßlosen Gewissenlosigkeit" sprechen.

Die Durchstechflaschen werden bei korrekter Herstellung mit einer Überfüllung geliefert. Jede aufgezogene Dosis enthält also die korrekte Menge des Impfstoffes. Von "Strecken" kann keine Rede sein.

Stellen Sie es sich wie eine Weinflasche vor, in der statt der auf dem Etikett ausgewiesenen 0,7l tatsächlich aber 0,9l enthalten sind. Wenn Sie nun 9x 0,1l in ein Weinglas abfüllen, haben Sie in dem letzten Glas genau den gleichen Wein mit dem selben Geschmack und Alkoholgehalt wie im ersten Glas.

Um im Bild zu bleiben: es wird nicht mit Wasser von 0,7l auf 0,9l aufgefüllt und dann aufgeteilt. DAS wäre "Strecken" und sowas DARF nicht sein.

Ich halte es auch für vertretbar, die enthaltene und korrekt am Patienten dosierte Überfüllung zu nutzen. Auf der anderen Seite wäre es eine unverantwortbare Verschwendung von Ressourcen, man würde quasi wirksamen Impfstoff wegwerfen, statt ihn potentiell lebensrettend einzusetzen.

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Strecken des Impfstoffes ...

von Anna-Maria Penitzka am 11.02.2021 um 22:49 Uhr

... meines Erachtens eine das Machbare überschreitende Verantwortungslosigkeit!

Bei der Zulassung wurde eine bestimmte Wirkstoffmenge zugrunde gelegt, die ein Minimum an Wirkstoff beinhalten muss.

Jetzt die Dosen - ausgehend von ursprünglich 5 - auf 7 zu erhöhen und rechnerisch die Wirkungsrate somit um 40 % zu Verringern (!) ... mir fehlen die Worte für so eine maßlose Gewissenlosigkeit.

Dann brauch sich niemand wundern, wenn sich das Virus weiter verbreitet, u. a. aufgrund der Gabe von m. E. „pseudo Impfungen“.

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