Zweite Aktualisierung

STIKO überarbeitet ihre Empfehlungen – was ändert sich?

Stuttgart - 02.02.2021, 09:15 Uhr

Die STIKO hat ihre Impfpriorisierung überarbeitet. Auch Härtefälle, wie der Beginn einer Chemotherapie, werden nun berücksichtigt. (Foto: IMAGO / Laci Perenyi)

Die STIKO hat ihre Impfpriorisierung überarbeitet. Auch Härtefälle, wie der Beginn einer Chemotherapie, werden nun berücksichtigt. (Foto: IMAGO / Laci Perenyi)


Die STIKO hat ihre Empfehlungen zur COVID-19-Impfung geändert. Ein zentraler Punkt ist die Aufnahme des COVID-19-Impfstoffs AstraZeneca – und dass dieser nur bei 18- bis 64-Jährigen geimpft werden soll. Die Ständige Impfkommission hat außerdem präzisiert, wann Diabetiker und Patienten mit Krebserkrankungen immunisiert werden sollen. Zudem soll bei „sehr alten“ Menschen die Impffähigkeit geprüft werden. Was ändert sich?

Die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut rät, dass die seit 29. Januar 2021 in der EU bedingt zugelassene Corona-Vakzine „COVID-19-Impfstoff AstraZeneca“ nur bei Personen im Alter von 18 bis 64 Jahren geimpft werden soll. Grund für die Altersobergrenze beim Vektorimpfstoff des schwedisch-britischen Pharmaunternehmens ist, dass „zur Beurteilung der Impfeffektivität ab 65 Jahren (…) bisher keine ausreichenden Daten“ vorliegen, erklärt die STIKO in ihrer am 29. Januar veröffentlichten zweiten Aktualisierung der „STIKO-Empfehlung zu COVID-19“. Zu finden ist diese im Epidemiologischen Bulletin 5|2021.

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In der Tat waren laut den im Fachjournal „The Lancet“ publizierten Ergebnissen der noch laufenden zulassungsrelevanten klinischen Studien nur 12,2 Prozent der Probanden über 55 Jahre alt. Abgesehen von der Altersobergrenze sieht die STIKO jedoch alle drei verfügbaren Impfstoffe als „geeignet“, um sich vor COVID-19 zu schützen und die Pandemie zu bekämpfen. Impfende müssen darüber hinaus berücksichtigen, dass die Impfabstände bei den drei zugelassenen COVID-19-Impfstoffen variieren: BNT162b2 (Comirnaty) von Biontech/Pfizer wird im Abstand von drei Wochen geimpft, mRNA-1273 von Moderna im Abstand von vier bis sechs Wochen, beim COVID-19-Impfstoffs AstraZeneca sollten neun bis zwölf Wochen zwischen beiden Impfdosen liegen (die EMA schreibt: vier bis zwölf Wochen).

Härtefallregelung: Impfung vor Chemotherapie

Die STIKO hat auch ihre erste Impfpriorisierung überarbeitet. Man könne nicht alle Krankheitsbilder oder Impfindikationen explizit nennen. Es obliege daher den für die Priorisierung in den Bundesländern Verantwortlichen, in Einzelfällen Personen, die nicht ausdrücklich im Stufenplan genannt sind, angemessen zu berücksichtigen. Hier denkt die STIKO an Menschen mit seltenen, schweren Vorerkrankungen oder auch schweren Behinderungen, für die bisher zwar keine ausreichende wissenschaftliche Evidenz bezüglich des Verlaufs einer COVID-19-Erkrankung vorliegt, für die aber ein deutlich erhöhtes Risiko angenommen werden muss.

Nachdem es bereits zu Gerichtsentscheidungen gekommen war, weil COVID-19-Impfungen eingeklagt wurden – zum Beispiel aufgrund beginnender Chemotherapien –, schafft die STIKO auch Raum für Impfungen für Patienten, „die zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr oder nicht mehr gleich wirksam geimpft werden können“, wie bei einer unmittelbar bevorstehenden Chemotherapie. Darüber hinaus seien Einzelfallentscheidungen möglich, wenn berufliche Tätigkeiten oder Lebensumstände mit einem nachvollziehbaren, unvermeidbar sehr hohen Infektionsrisiko einhergehen. Und: „Diese Öffnungsklausel darf nicht missbraucht werden, um ungerechtfertigterweise eine Impfung durchzuführen und somit stärker gefährdeten Personen die Impfung vorzuenthalten.“

Diabetiker und COPD-Patienten rücken eine Stufe vor

In Stufe drei ihrer Priorisierungsliste, in der auch Personen zwischen 70 und 74 Jahren geimpft werden sollen, finden sich nun auch Patienten mit aktiven malignen hämatologischen Erkrankungen oder die an fortgeschrittenen soliden Tumoren leiden und nicht in Remission sind sowie Tumorerkrankungen unter aktueller systemischer Therapie (ausgenommen ausschließlich antihormonelle Monotherapie). Seit neuestem berücksichtigt die STIKO in dieser Gruppe auch interstitielle Lungenerkrankungen. Auch Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen (bipolare Störung, Schizophrenie und schwere Depression), COPD und „anderen ähnlich schweren Lungenerkrankungen“, mit chronischen Lebererkrankungen inkl. Leberzirrhose und auch Diabetiker sollen ab sofort bereits in Stufe drei – und nicht wie zuvor in Stufe vier – geimpft werden. Diabetiker werden allerdings anhand ihres HbA1c-Wertes eingeordnet:  ≥58 mmol/mol bzw. ≥7,5 Prozent werden in Stufe drei geimpft (bei HbA1c-Werten <58 mmol/mol bzw. <7,5 Prozent erst in Stufe vier). Gleich geblieben ist die Einstufung von Adipösen (BMI >30 kg/m2 ), chronisch Nierenerkranken und Organtransplantierten.

Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen

In Stufe vier hat sich entsprechend auch Einiges geändert – so fehlen natürlich die Erkrankungen, die in Stufe drei aufgerückt sind. Daneben präzisiert die STIKO Krebserkrankungen zu Krebserkrankungen in „behandlungsfreier Remission“ und ergänzt Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen.

Impffähigkeit prüfen

Neu ist auch ein Hinweis bei „sehr alten“ Menschen: „Auch bei sehr alten Menschen oder Menschen mit progredienten Krankheiten, die sich in einem schlechten Allgemeinzustand befinden, muss die Impffähigkeit gegeben sein“, so die STIKO. Bei diesen Gruppen sollte ärztlich geprüft werden, ob ihnen die Impfung empfohlen werden kann.

Impfen bei vormals an COVID-19-Erkrankten

Zu Zurückhaltung rät die STIKO aktuell bei Impfungen von Personen, die bereits an COVID-19 erkrankt waren. Ihre Gründe: anzunehmende Immunität nach durchgemachter Infektion, Vermeidung überschießender Nebenwirkungen und bestehender Impfstoffmangel. Nach Ansicht der STIKO sollten ehemals an COVID-19 erkrankte Personen unter Berücksichtigung der Priorisierung im Regelfall etwa sechs Monate nach Genesung geimpft werden. 

Infektion nach erster Dosis: Wie sieht das Impfschema aus?

Wie ist zu impfen, wenn nach der ersten Dosis eine labordiagnostisch gesicherte (positive PCR) SARS-CoV-2-Infektion auftritt? Dann sollte nach Ansicht der STIKO die Verabreichung der zweiten Impfstoffdosis ebenfalls erst etwa sechs Monate nach Genesung bzw. Diagnosestellung erfolgen.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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