Corona-Impfstoffe für über 60-Jährige?

Der chinesische COVID-19-Impfstoffkandidat BBIBP-CorV

Remagen - 21.10.2020, 15:15 Uhr

Bisherige Studien waren nicht darauf ausgelegt, die Wirksamkeit des Impfstoffs BBIBP-CorV zu bewerten. Daher können die Wissenschaftler nicht beurteilen, ob die durch BBIBP-CorV induzierten Antikörperreaktionen ausreichen, um vor einer SARS-CoV-2-Infektion zu schützen. (Foto: geargodz / stock.adobe.com) 

Bisherige Studien waren nicht darauf ausgelegt, die Wirksamkeit des Impfstoffs BBIBP-CorV zu bewerten. Daher können die Wissenschaftler nicht beurteilen, ob die durch BBIBP-CorV induzierten Antikörperreaktionen ausreichen, um vor einer SARS-CoV-2-Infektion zu schützen. (Foto: geargodz / stock.adobe.com) 


Nach vorläufigen Daten aus einer Phase-I/II-Studie hat der chinesische COVID-19-Impfstoffkandidat BBIBP-CorV bei allen Empfängern eine Antikörperantwort ausgelöst. In die Studie waren auch Probanden zwischen 60 und 80 Jahren einbezogen.

Es gibt neue ermutigende Daten zu einem Impfstoff-Kandidaten auf der Basis eines inaktivierten SARS-CoV-2-Vollvirus. Sie stammen aus einer randomisierten, doppelblinden, Placebo-kontrollierten Phase-I/II-Studie (ChiCTR2000032459) mit dem Impfstoff BBIBP-CorV. Dieser beruht auf einem Virus, das aus einem Patienten in China isoliert und im Labor unter Verwendung von Zelllinien gezüchtet und mit Propiolaction inaktiviert wurde. Zur Verstärkung der Immunantwort enthält die Vakzine zusätzlich ein Aluminiumhydroxid-Adjuvans. Das Kürzel leitet sich von den Entwicklern ab, der „China National Biotec Group“ und dem „Beijing Institute of Biological Products“.

Erste Studie mit inaktiviertem SARS-CoV-2-Impfstoff an Älteren

Die Studie wurde am „Shangqiu City Liangyuan District Center for Disease Control and Prevention“ in der Provinz Henan, China durchgeführt. Es handelt sich um die erste Studie mit einem inaktivierten SARS-CoV-2-Impfstoff, an der auch Personen über 60 Jahre teilnahmen. Die vorläufigen Ergebnisse wurden in „The Lancet Infectious Diseases“ veröffentlicht. Die wichtigsten Zielparameter waren die Sicherheit und Verträglichkeit, sowie die Immunogenität, die als neutralisierende Antikörperreaktion gegen infektiöses SARS-CoV-2 bewertet wurde.

Niedrigere Titer bei den 60 bis 80-Jährigen

In der Phase I-Dosiseskalationsstudie sollte die optimale sichere Dosis für BBIBP-CorV ermittelt werden. Zwei Gruppen von jeweils 96 Freiwilligen im Alter zwischen 18 und 59 bzw. 60 und 80 Jahren, die zum Zeitpunkt des Screenings negativ auf serumspezifische IgM/IgG-Antikörper gegen SARS-CoV-2 reagierten, waren daran beteiligt. Innerhalb jeder Gruppe wurde der Impfstoff nach einem Zwei-Dosis-Zeitplan in drei verschiedenen Dosierungen (2 μg, 4 μg und 8 μg) (Tag Null und 28) verabreicht.

Alle Probanden zeigten im Schnitt nach 42 Tagen nachweisbare Antikörperreaktionen, wobei Personen ≥ 60 Jahren langsamer reagierten als die jüngeren Teilnehmer (28 Tage). Die Antikörperspiegel waren bei den 60- bis 
80-Jährigen ebenfalls niedriger. Der geometrische mittlere neutralisierende Antikörper-Titer 42 Tage nach Erhalt der 8-μg-Impfstoffdosis, die das beste Ergebnis brachte, betrug für die 18- bis 59-Jährigen 229 und für die Altersgruppe der 60- bis 80-Jährigen 171.

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Das Impfstoffrennen

„Der Schutz älterer Menschen ist ein Hauptziel eines erfolgreichen COVID-19-Impfstoffs, da diese Altersgruppe einem höheren Risiko für schwere Verläufe der Krankheit ausgesetzt sind“, erklärt Xiaoming Yang, einer der Autoren der Studie vom Beijing Institute of Biological Products. „Es ist daher ermutigend zu sehen, dass BBIBP-CorV bei Menschen ab 60 Jahren Antikörperreaktionen auslöst.“

Zweimal 4 µg im Abstand von drei Wochen optimal

Die zweite Phase der Studie sollte das optimale Zeit-Regime für die Impfung bewerten. Insgesamt 448 Teilnehmer im Alter zwischen 18 und 59 Jahren erhielten dafür entweder einmal 8-μg oder zwei Injektionen von 4 μg Impfstoff im Abstand von 14, 21 oder 28 Tagen. Die 4 μg-Dosis war die immunogenste, wenn sie im 21-Tage-Intervall gegeben wurde. Wurde das Intervall auf 14 Tage reduziert, so verringerte sich die Immunogenität signifikant (neutralisierende Antikörper-Titer: 283 vs.170). Nach einer Einzeldosis von 8 μg wurden lediglich Titer von 15 erreicht. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass ein Booster-Schuss notwendig ist, um die besten Antikörperreaktionen gegen SARS-CoV-2 zu erzielen, und für den Schutz wichtig sein könnte“, kommentiert Yang die Zahlen. „Dies liefert nützliche Informationen für eine Phase-III-Studie.“

Gute Verträglichkeit

Der inaktivierte SARS-CoV-2-Impfstoff BBIBP-CorV war in beiden Altersgruppen in allen getesteten Dosen gut verträglich, wobei die Raten unerwünschter Ereignisse in der Gruppe der älteren niedriger waren als bei den jüngeren Erwachsenen (19 vs. 47 Prozent). Die häufigste Nebenwirkung waren Schmerzen an der Injektionsstelle. Eine kleine Anzahl von Teilnehmern berichtete über Fieber. In keiner der Gruppen wurden in Labortests klinisch signifikante Veränderungen der Organfunktionen festgestellt.

Phase-III-Studie in Abu Dhabi

Die Studie war nicht darauf ausgelegt, die Wirksamkeit des Impfstoffs zu bewerten. Daher können die Wissenschaftler nicht beurteilen, ob die durch BBIBP-CorV induzierten Antikörperreaktionen ausreichen, um vor einer SARS-CoV-2-Infektion zu schützen. Einschränkend geben sie außerdem das kurze Follow-up von nur 
42 Tagen zu bedenken. Weiterhin waren keine Kinder und Jugendlichen einbezogen. Studien mit diesen Gruppen sollen durchgeführt werden, wenn die vollständige Analyse der Daten von Erwachsenengruppen abgeschlossen ist. 

Weitere Informationen dazu, ob der Impfstoff gegen SARS-CoV-2-Infektionen sicher und wirksam ist und wie lange die Schutzwirkung aufrechterhalten wird, könnten die Ergebnisse einer Phase-III-Studie mit BBIBP-CorV liefern, die derzeit in Abu Dhabi in den Vereinigten Arabischen Emiraten durchgeführt wird (ChiCTR2000034780).



Dr. Helga Blasius (hb), Apothekerin
redaktion@daz.online


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