Bildschirme und Bankautomaten

Coronavirus überlebt bis zu 28 Tage auf Oberflächen

Stuttgart - 12.10.2020, 15:45 Uhr

Die Persistenz von SARS-COV-2 auf Glas und Vinyl (beides übliche Bildschirm- und Bildschirmschutzmaterialien) legt nahe, dass Touchscreen-Geräte eine potenzielle Übertragungsquelle darstellen können und regelmäßig desinfiziert werden sollten, insbesondere bei Mehrbenutzung. (Foto: ThamKC / stock.adobe.com) 

Die Persistenz von SARS-COV-2 auf Glas und Vinyl (beides übliche Bildschirm- und Bildschirmschutzmaterialien) legt nahe, dass Touchscreen-Geräte eine potenzielle Übertragungsquelle darstellen können und regelmäßig desinfiziert werden sollten, insbesondere bei Mehrbenutzung. (Foto: ThamKC / stock.adobe.com) 


Auf glatten Oberflächen wie Glas und Edelstahl zeigt sich SARS-CoV-2 extrem robust. Australische Wissenschaftler fanden heraus, dass dort das Coronavirus bis zu 28 Tage lang infektiös bleiben. Touchscreen-Geräte könnten eine potenzielle Übertragungsquelle darstellen und sollten regelmäßig desinfiziert werden, wie im „Virology Journal“ nachzulesen war. Allerdings: Die Studie wurde im Dunkeln durchgeführt.

Das Coronavirus ist hartnäckiger als gedacht: Laut einer in „Virology Journal“ (Impactfactor: 2,464) veröffentlichten Studie, bleibt das Coronavirus auf Oberflächen bis zu 28 Tage infektiös. Debbie Eagles, stellvertretende Direktorin des Zentrums für Seuchenvorsorge (Australian Centre for Disease Preparedness), das die Forschungsarbeiten durchführte, erklärte: „Bei 20 Grad Celsius, also etwa Raumtemperatur, fanden wir heraus, dass das Virus extrem robust ist und 28 Tage lang auf glatten Oberflächen wie Glas von Handybildschirmen und Kunststoff-Geldscheinen überlebt“.

Mehr zum Thema

Die Studie wurde im Dunkeln durchgeführt, da SARS-CoV-2 unter Licht rasch inaktiviert werde, schreiben die Autoren um Shane Riddell in „The effect of temperature on persistence of SARS-CoV-2 on common surfaces“. Völlige Dunkelheit ist jedoch kein natürliches Habitat von Viren.

Auch waren die Umgebungsbedingungen mit 20 Grad Celsius und 50 Prozent Luftfeuchte standardisiert. Diese fixen Bedingungen könnten die verbesserte Überlebensfähigkeit der Coronaviren in dieser Studie verglichen mit früheren Untersuchungen erklären, so die Autoren. So wurde im New England Journal of Medicine bereits im April 2020 ein Beitrag veröffentlicht, „Aerosol and Surface Stability of SARS-CoV-2 as Compared with SARS-CoV-1“. Die Autoren um Neeltje van Doremalen fanden heraus, dass die längste Überlebensfähigkeit von SARS-CoV-2 auf Edelstahl und Kunststoff mit einer geschätzten mittleren Halbwertszeit von etwa 5,6 Stunden auf Edelstahl und 6,8 Stunden auf Kunststoff betrug. Auf Kupfer war bereits nach vier Stunden kein SARS-CoV-2 mehr vorhanden, auf Karton nach 24 Stunden.

Erwärmung verringert Überlebensfähigkeit

Temperatur und Luftfeuchte seien zwei kritische Parameter bei der Überlebensfähigkeit von Viren, so die Wissenschaftler im aktuell publizierten Beitrag in „Virology Journal“. Wie stark sich allein die Veränderung der Temperatur auswirkt, haben sie ebenfalls untersucht: Die Erhöhung der Temperatur auf 40 °C bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Luftfeuchtigkeit reduzierte die Überlebensfähigkeit des Virus drastisch auf nur 24 Stunden.

Touchscreen-Geräte regelmäßig desinfizieren

Vor allem die Virus-Persistenz auf Glas bewerten die Wissenschaftler als „wichtiges Ergebnis“, da es sich bei Touchscreen-Geräten wie Mobiltelefonen, Bankautomaten, Selbstbedienungskassen in Supermärkten und Check-in-Automaten an Flughäfen um Berührungsflächen handele, die möglicherweise nicht regelmäßig gereinigt werden und daher ein Übertragungsrisiko von SARS-CoV-2 darstellten. „Die Persistenz von SARS-CoV-2 auf Glas und Vinyl (beides übliche Bildschirm- und Bildschirmschutzmaterialien) legt nahe, dass Touchscreen-Geräte eine potenzielle Übertragungsquelle darstellen können und regelmäßig desinfiziert werden sollten, insbesondere in Mehrbenutzerumgebungen.“

Auch auf Edelstahloberflächen zeigte sich SARS-CoV-2 „extrem stabil“ und konnte nach 28 Tagen als infektiöses SARS-CoV-2 zurückgewonnen werden, im Gegensatz zu porösen Oberflächen wie Baumwolle. Die Studie geht auch auf die mögliche Übertragung durch Banknoten ein. Die Daten für Banknoten zeigten für SARS-CoV-2 eine signifikant längere Überlebenszeit als die für andere respiratorische Viren wie Influenza A (H3N2), die eine Überlebenszeit von bis zu 17 Tagen bei Raumtemperatur aufweisen. Zudem merken die Wissenschaftler an, dass China, noch bevor SARS-CoV-2 zur Pandemie erklärt wurde, mit der Dekontaminierung seiner papierbasierten Währung begonnen hatte, was darauf hindeutet, dass zu diesem Zeitpunkt Bedenken hinsichtlich der Übertragung durch Papierbanknoten bestanden. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich die Überlebensfähigkeit auf Banknoten nicht sehr von den anderen untersuchten nichtporösen Oberflächen unterscheidet.

BfR sind keine Coronafälle durch Oberflächen-Infektion bekannt

Laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) gibt es allerdings bislang keine Fälle, bei denen nachgewiesen wurde, dass das Coronavirus durch Kontakt zu kontaminierten Gegenständen oder über kontaminierte Oberflächen auf Menschen übertragen wurde und es zu Infektionen kam. Allerdings können den Angaben zufolge Schmierinfektionen über Oberflächen nicht ausgeschlossen werden, die zuvor mit Viren kontaminiert wurden.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

SARS-CoV-2 bleibt bis zu 28 Tage auf Oberflächen infektiös

Übertragungsweg Touchscreen?

SARS-CoV-2 hält sich vermutlich lange in der Luft und auf Oberflächen

Klinken putzen schützt

Warum der Nachweis von SARS-CoV-2 nicht zwingend mit Infektiosität gleichzusetzen ist

Gefürchtete RNA auf Oberflächen

Die SARS-CoV-2-Übertragung über Aerosole rückt zunehmend in den Fokus

Nicht nur Tröpfchen

Viele Menschen setzen während der Corona-Pandemie auf Einmalhandschuhe

Tatsächlich hygienisch?

Neuigkeiten zu SARS-CoV-2 in Kürze

Corona-Ticker

Eine fehlgedeutete In-vitro-Studie erzeugt falsche Hoffnungen im Kampf gegen COVID-19

Run auf Schweizer Echinacea-Extrakt

Wichtige Empfehlungen des RKI, von Behörden und Fachgesellschaften zu COVID-19

Bitte nicht umarmen!

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.