Pilz des Jahres 2020

Stinkmorchel – ziemlich anrüchig

Stuttgart - 09.09.2020, 15:45 Uhr

Seinen Namen verdankt der Phallus impudicus (die gewöhnliche Stinkmorchel) seinem ungewöhnlichen Aussehen. (Foto: MerkAngela.WH / stock.adobe.com)

Seinen Namen verdankt der Phallus impudicus (die gewöhnliche Stinkmorchel) seinem ungewöhnlichen Aussehen. (Foto: MerkAngela.WH / stock.adobe.com)


„Unzüchtiger Penis“ – so lässt sich „Phallus impudicus“ übersetzen. Das phallusartige Aussehen der Gewöhnlichen Stinkmorchel rief im 19. Jahrhundert sogar Sittenwächter auf den Plan. Doch die Stinkmorchel hat es nun zum „Pilz des Jahres 2020“ gebracht.

Das Erscheinungsbild dieses Pilzes hat etwas Anstößiges. Auch sein Geruch ist alles andere als salonfähig. Treffend sind daher sowohl sein deutscher Name Stinkmorchel als auch die lateinische Bezeichnung Phallus impudicus. Für junge Mädchen galt im 19. Jahrhundert allein der Anblick des Pilzes als zu obszön. An manchen Orten wurden Stichmorcheln daher aus Wäldern und Parkanlagen entfernt und verbrannt.

Widerlicher Aasgeruch

Reife Stinkmorcheln kann man im Wald mit der Nase finden. Weithin verströmen sie einen intensiven verwesungsartigen Geruch. Er geht von der oliv-bräunlichen Sporenmasse an der Pilzspitze aus. Attraktiv wirkt dieser Gestank auf Insekten, vor allem Fliegen und einige Käfer. Sie laben sich an der zuckerhaltigen, schleimigen Masse und verbreiten anschließend die Pilzsporen in die Umgebung.

Hexenei – essbares Jugendstadium

Das Jugendstadium der Stinkmorchel – das sogenannte Hexenei – ist essbar. Wenn man die junge, 3 bis 6 Zentimeter breite Knolle von ihrer Gallertschicht befreit, kann man sie in Scheiben schneiden und wie Bratkartoffeln zubereiten. Das Hexenei riecht und schmeckt ein wenig wie Rettich. Der aufdringliche Aasgeruch stellt sich erst beim ausgewachsenen Pilz ein. Binnen weniger Stunden wächst im Wald der 10 bis 20 Zentimeter hohe Fruchtkörper aus dem Hexenei heraus. Das Wachstum beträgt bis zu 2 Millimeter pro Minute.

Gichtmittel und Aphrodisiakum

In früheren Zeiten wurde die Stinkmorchel als Heilpilz genutzt. Ein häufiges Einsatzgebiet war Gicht. Wegen seiner Gestalt wurde der Pilz außerdem – gemäß der Signaturenlehre – auch als Aphrodisiakum genommen. 
Seit 1994 wählt die Deutsche Gesellschaft für Mykologie alljährlich den „Pilz des Jahres“. Die Fachgesellschaft will damit auf die Biodiversität und die Bedeutung der Pilze im Ökosystem aufmerksam machen.


Ulrike Weber-Fina, Diplom-Biologin, Autorin PTAheute.de
redaktion@daz.online


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