Nach Technik-Panne

Ärzte fordern Notfallplan bei TI-Ausfall

Berlin - 12.06.2020, 16:15 Uhr

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) macht wegen Technik-Fehlern in der Telematikinfrastruktur derzeit Druck auf die Gematik. (m / Foto: imago images / Steinach)

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) macht wegen Technik-Fehlern in der Telematikinfrastruktur derzeit Druck auf die Gematik. (m / Foto: imago images / Steinach)


Weil viele Arztpraxen seit mehr als zwei Wochen bestimmte Funktionen in der Telematikinfrastruktur nicht mehr nutzen können, fordert die Kassenärztliche Bundesvereinigung jetzt in einer Resolution ein Notfallkonzept für solche Situationen von der Gematik. Sie solle zu der ihr übertragenen Verantwortung stehen, so die Kassenärzte.

„Seit drei Wochen beschäftigen wir uns mit einer gravierenden Störung der zentralen Telematikinfrastruktur (TI), die potentiell alle Praxen betrifft“, kritisiert die KBV. Dadurch könnten die Praxen bestimmte gesetzliche Aufträge wie das Versichertenstammdatenmanagement, sprich den Abgleich zwischen den bei der Kasse hinterlegten und den auf der Gesundheitskarte des Patienten gespeicherten Informationen, nicht mehr wahrnehmen. Grund dafür ist ein Konfigurationsfehler in der TI, der einige der im Handel befindlichen Konnektoren vom Netz abschneidet.

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„Klar ist: Die Praxen tragen für die Störung keine Verantwortung. Es ist für sie oft nicht möglich, den Fehler überhaupt zu erkennen“, schreiben die Kassenärzte in ihrer Resolution. Sie warnen davor, dass nicht nur das Vertrauen der Ärzteschaft, sondern auch das der Bevölkerung in eine funktionierende Telematikinfrastruktur und eine erfolgreiche Digitalisierung des Gesundheitswesens auf dem Spiel stehe. „Die Gematik darf das Problem nicht auf die leichte Schulter nehmen. Sie muss hier klar und öffentlich die Verantwortung übernehmen und in Richtung Ärzteschaft kommunizieren, wie sie das Problem lösen wird. Es kann nicht sein, dass Praxen drei Wochen mit dem Problem alleine gelassen werden“, so die KBV.

Den Ärzten dürfen demnach durch den Ausfall keine Kosten entstehen. „Es darf also keine Sanktionen geben und es muss eine klare Regelung geben, dass die Praxen von den Kosten der Fehlerbehebung und der Rechnungsabwicklung freigestellt werden. Dies betrifft auch Folgekosten, wie etwa nicht mögliche Abrechnungen.“

Gematik soll zu ihrer Verantwortung stehen

Von der Gematik verlangt die KBV zudem, ein Notfallkonzept vorzulegen, wie sie künftig mit solchen Situationen umzugehen gedenkt. „Wenn in der Zukunft die Versorgung immer mehr von einer funktionsfähigen TI abhängt, ist es umso wichtiger, dass die TI reibungslos funktioniert und bei einem Ausfall schnelle und für die Praxen aufwandsarme Lösungen vorgehalten werden. Die Gematik muss für solche Problemfälle Notfallkonzepte vorhalten. Und auch künftig muss gelten: Die Praxen dürfen nicht für etwas zur Verantwortung gezogen werden, was sie nicht verursacht haben.“ Die Gematik ist laut Ärzteschaft verantwortlich für den technischen Betrieb, aber ebenso politisch verantwortlich für eine sichere Vernetzung des Gesundheitswesens. „Wir erwarten jetzt und für die Zukunft, dass die Gematik zu dieser Verantwortung steht!“


Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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6 Kommentare

Wenn die Coronakrise...

von Carsten Moser am 15.06.2020 um 9:31 Uhr

Wenn die Coronakrise eines gezeigt hat, dann ist es der Fakt, daß globale Krisen möglich und (mit dem Faktor Zeit) auch wahrscheinlich sind.

JEDES System muß sich also an seiner Krisenresistenz messen lassen.

Das Rezept auf Papier - welches im schlimmsten Fall mit einem Kugelschreiber ausgestellt werden kann - hat diese Krisenhärte bewiesen.

Jegliches digitale System kann da nur schlechter sein. Und wenn man die Securpharm Umsetzung als Maßstab nehmen darf, dann schwant mir beim eRezept Schlimmes.

Haben sich unsere Kammern und Verbände darum mal gekümmert? Gibt es da offizielle Stellungnahmen der Gematik?

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Apotheker regeln das!

von Thomas Brongkoll am 13.06.2020 um 12:18 Uhr

Wir können Desinfektionsmittel herstellen (und auf den neuen Überbeständen sitzen bleiben) Masken organisieren, Lieferausfälle kompensieren! Dann werden wir demnächst auch Papierbelege erstellen, die mit Securpharmcode Nichtlieferbarbescheinigung und anderem Schwachsinn händisch nachgepflegt werden, wenn die mit 1200 bit/s Hochleistungsinternetleitung wieder steht!

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AW: Apotheker regeln das ...

von Christian Timme am 13.06.2020 um 17:01 Uhr

Je mehr man sich beugt ... umso mehr darf man tragen. Im Gegenzug könnte man auch eine Ausschlussliste erstellen und die konsequent umsetzen. Diese Zeit wäre besser genutzt als darauf zu warten ... was da noch alles kommt ...

Avaloq sollte den Auftrag erhalten um erst dann in Konkurs gehen zu können wenn die ApoBank wieder läuft ...

von Christian Timme am 12.06.2020 um 17:01 Uhr

... die nächste Runde geht dann an den Rechtsnachfolger der Avaloq den die Gematik beauftragt damit dann Ärzte und Apotheker nochmal "blechen" dürfen usw. Also Herr Spahn wird das schon "schaukeln" ... also ich wette schon mal eine Flasche Selters ... auf Spahn ...

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Telematik und E-Rezept

von Frank Zacharias am 12.06.2020 um 16:40 Uhr

Ich versuche mir gerade vorzustellen, wie das dann wäre, wenn das E-Rezept flächendeckend da ist.........
Aber dafür gibt es gaaaanz sicher bereits einen Notfallplan.

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Analyse und Konsequenzen

von Uwe Hansmann am 12.06.2020 um 16:36 Uhr

Da kann sich dann ja die Gematik mal direkt in Dü-dorf bei den Bankern erkundigen, wie solcherlei Digital-Krisen zu bewältigen sind . . .
Mir graut etwas vor der immer mehr um sich greifenden Abhängigkeit ganzer Versorgungsstrukturen von den eigentlichen Playern in diesem Spiel.
Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß hier für die jeweils nachgelagerten Softwareunternehmen auf Jahrzehnte die Lizenz zum Gelddrucken damit verbunden ist.
Aber vielleicht täusche ich mich ja.

Schönes Wochenende!

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