Telematikinfrastruktur

Kassen wollen „Nutzengewinn“ der EU-Versender am E-Rezept nicht finanzieren

Berlin - 22.05.2020, 13:00 Uhr

Der GKV-Spitzenverband wehrt sich dagegen, dass die Krankenkassen die TI-Anbindung der EU-Versandhändler finanzieren sollen. (x / Foto: imago images / Steinach) 

Der GKV-Spitzenverband wehrt sich dagegen, dass die Krankenkassen die TI-Anbindung der EU-Versandhändler finanzieren sollen. (x / Foto: imago images / Steinach) 


Die Arzneimittel-Versandhändler in den Niederlanden setzen alles auf die Karte „E-Rezept“. DocMorris und die Shop Apotheke gehen von einem Rx-Marktanteil von 10 Prozent mitmilfe des E-Rezeptes aus. Doch zur Belieferung von E-Rezepten müssen sie an die Telematikinfrastruktur angebunden werden. Die Bundesregierung will mit dem Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG) nun sicherstellen, dass auch die EU-Versender für ihre TI-Anbindung Zuschüsse von den Kassen erhalten. Der GKV-Spitzenverband protestiert und will die Ausweitung des Marktanteils nicht mitfinanzieren.

Bis Ende September 2020 müssen alle Apotheken in Deutschland an die Telematikinfrastruktur (TI) angebunden sein, damit sie beispielsweise E-Medikationspläne bearbeiten, auf E-Patientenakten zugreifen und auch E-Rezepte beliefern können. Die beiden größten EU-Versandhändler DocMorris und Shop Apotheke wollen ebenfalls E-Rezepte beliefern und müssen sich somit auch an die TI anbinden. Doch so einfach ist das nicht. Schließlich werden beispielsweise die dafür nötigen Zugangskarten (Heilberufsausweis und Institutionsausweis) über die Kammern nur an Apotheker beziehungsweise Apotheken herausgegeben.

Dieses „technische“ Problem scheint dem Vernehmen nach gelöst zu sein. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hatte gegenüber DAZ.online betont, dass auch die EU-Versender an die TI angebunden werden sollen. Nach Informationen von DAZ.online soll die Gematik die niederländischen Versender direkt mit Karten und den nötigen TI-Komponenten versorgen. Doch es gibt noch eine weitere offene Frage bei der TI-Anbindung der EU-Versender, nämlich eine finanzielle. Schließlich erhalten die Vor-Ort-Apotheker hierzulande mehrere Pauschalen sowie regelmäßige Zahlungen für die Anbindung beziehungsweise den Betrieb der TI-Komponenten von den Krankenkassen. Der Deutsche Apothekerverband und der GKV-Spitzenverband hatten dazu erst kürzlich eine Erweiterung des Rahmenvertrags ausgehandelt.

Die Bundesregierung will nun aber sicherstellen, dass auch die EU-Versender diese Beträge für die TI-Anbindung von den Kassen erhalten. Mit dem Patientendaten-Schutzgesetz (PDSG) soll dies im SGB V geregelt werden. Zur Begründung heißt es dazu im jüngsten PDSG-Entwurf, den der Bundestag schon in der nächsten Sitzungswoche beschließen könnte: „Auch ausländische Versandapotheken müssen in die Refinanzierung der Ausstattungs-  und Betriebskosten für die Anbindung an die Telematikinfrastruktur einbezogen werden. Dies ist europarechtlich geboten.“

Etwas unerwartet stemmt sich jetzt nun der GKV-Spitzenverband gegen diese Regelung. In seiner Stellungnahme zu dem Gesetz stellt der Kassenverband klar, dass man nicht die Ausweitung des Marktanteils der Versender mitfinanzieren wolle. Wörtlich heißt es in der Stellungnahme:


Kritisch ist zudem zu sehen, dass der Anschluss ausländischer Apotheken an die TI aus Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung finanziert werden soll. Es handelt sich hierbei um Versandapotheken, die durch das E-Rezept ihren Marktanteil erheblich ausweiten können und deren Geschäftsmodell auf digitale Prozesse ausgelegt sind. Hier entsteht für diese Apotheken ein großer Nutzengewinn, der eine Refinanzierung der Aufwände durch die Beitragszahler unsachgerecht macht.“

Stellungnahme des GKV-SV


Die ABDA hatte dieses Thema in ihrer Stellungnahme nicht aufgegriffen.


Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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12 Kommentare

die Delegierten anschreiben

von motzkuh am 25.05.2020 um 10:10 Uhr

Unmut zu äußern ist wichtig- aber an den RICHTIGEN Stellen. Alle Bundestagsabgeordneten, alle Kammern und Verbände MÜSSEN von uns angeschrieben werden, wir BRAUCHEN Rx VV JETZT!

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Wer hat anderes erwartet

von Sven Larisch am 25.05.2020 um 8:00 Uhr

Also echt- sich jetzt noch über Spahn aufregen bringt doch nichts. Ich bin Verschwörungstheoretiker, aber ganz offensichtlich sollen die Apotheken als Einzelunternehmen in Deutschland abgeschafft bzw. ausgedünnt werden.
Es gibt kein Rx Versandverbot für ausländische Versender (dass sind für mich keine Apotheken)
Diese Versender werden dick ins E Rezept einsteigen 8und geben schon fleißig Werbegelder aus)
Diese Versender können sich Kapital an den Finanzmärkten besorgen (Apotheker nicht)
Und ich muss für diesen Telematikmist meine Approbation und meine Betriebserlaubnis beglaubigen lassen !!! Geht's noch? Zudem noch an einem Post Ident verfahren teilnehmen ob ich auch ja der Apotheker bin und Geld hinlegen für einen Ausweis und eine Apotheken ID karte!
Unsere Ämter zu, ich muss arbeiten von 8-18 Uhr und habe während der üblichen Öffnungszeiten nicht die Muße zur Kammer zu fahren oder einen Priester aufzusuchen der mich beglaubigen soll als Apotheker! Ernsthaft- was soll das ! Und alles bis September 2020. Der Apotheker zahlt und zahlt und zahlt. DSGVO, Telematik, SecurPharm (auch so ein Mist). Das einzig Gute an Corona: ich kann endlich Patienten schnellstmöglich versorgen und bekomme endlich mal Geld für Botendienste.
Keine Dienstleistungen mehr ohne Geld von der KK!

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Unser Geld versand ... et und wir sehen zu ...

von Christian Timme am 23.05.2020 um 18:04 Uhr

Europa first ... Politik second ... Germany nix mehr ...

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Vorauseilender EU-Gehorsam a la Ulla Schmidt oder schlimmer?

von Armin Heller am 23.05.2020 um 13:37 Uhr

Wir alle wissen, dass dereinst Ulla Schmidt die Katastrophe für die einheimischen Apotheken ohne Not losgetreten und neben dem OTC auch den Rx-Versandhandel legalisiert hat. Schlimm genug wenn Spahn nun sehenden Auges den gleichen Fehler mit dem E-Rezept noch einmal machen wollte. Aber so blauäugig ist der Mann nicht. Es gibt keinerlei Notwendigkeit die holländischen Lagerhallen an die TI anzubinden. Estland hat es vorgemacht und E-Rezepte können nur in estnischen (Versand-) Apotheken eingelöst werden, gebunden an estnisches Recht. Eine Farce ohne Ende, wie Spahn smit dem Rohrkrepierer VOASG den Retter der Apotheken mimt und nun gleichzeitig eine Pipeline zu deren Ausblutung legen will. Das ist schon ekelhaft und stinkt zum Himmel. Und kein einziges Wort dazu von Frau Oberweinerlich in der Diskussion mit Spahn neulich im BMG Stream. Erbärmlich.

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Kaste

von Thomas Kerlag am 22.05.2020 um 21:42 Uhr

Ach Gott, wer jetzt darauf wartet, dass uns auf höchster Ebene die integresten Charaktere regieren...

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E-Rezept und Gematik

von Heiko Barz am 22.05.2020 um 19:46 Uhr

Wie ich verstanden habe,ist das BMG zu 51% an der Gematik beteiligt. Wenn man nun ein wenig von der Prozentrechnung versteht, dann dürfte doch klar sein, was Spahn und CO wirklich vorhaben.
Frau Merkel sollte nun endlich mal mir der Faust auf den Tisch hauen und den individuellen und nationalen Gesundheitsbereich auf die nötige Transparenz bringen und dem Möchtegern Kanzler ein wenig die Luft ablassen.

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AW: E-Rezept und Gematik

von Alexander Preitz am 26.05.2020 um 1:15 Uhr

Frau Merkel? Die ist gerade damit beschäftigt, Hunderte deutscher Steuerzahlermilliarden nach Südeuropa zu verschenken.

AW: E-Rezept und Gematik plus diverse Ausgaben

von Bernd Jas am 26.05.2020 um 23:46 Uhr

Hallo Herr Preitz,
und den Rest den sie nicht hat, nie hatte und auch nie haben wird, gibt sie dann für den Corona-Impfstoff aus.

Ein bisschen Spaß muss sein .....
dann ist die Welt voll Sonnenschein
So darf´s nicht weitergehen.

Deutsche Versicherte finanzieren den ausländischen Versandhandel

von Beobachter am 22.05.2020 um 19:16 Uhr

Mit deutschen Krankenkassenbeiträge sollen nun ausländische Versandhändler finanziert werden? Geht's noch?
Ausserdem, auf welcher rechtlichen Basis dürfen die ausländischen Versandhändler überhaupt an der TI teilnehmen? Wo kommt denn der elektronische Heilberufsausweis her? Wo kommt denn die Institutionskarte her. Muss man dafür nicht eine Präsenzapotheke in Deutschland betreiben? Und wenn die ausländischen Versender auf die Idee kommen ein Fake-Laden in Deutschland zu betreiben, dann gilt für die aber auch deutsches Recht. Nix Boni mehr und so.
Das Geschäftsmodell der ausländischen Versender ist dann ganz schnell passé.
Bin ja mal gespannt welcher Politiker sich für die ausländischen Versandhändler stark macht und seine Macht missbraucht. Dem wird das ganz schnell auf die Füße fallen. Die nächste Corona-Krise kommt - wetten?

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europarechtlich geboten ???

von Dr. Ralf Schabik am 22.05.2020 um 18:47 Uhr

Aha ... "europarechtlich geboten" ist es, dass ausländische Rosinenpicker (man könnte auch sagen "Schmarotzer") auch noch von uns alimentiert werden, umgekehrt sich aber an deutsche Gesetze nicht halten müssen ?
Wer in einem Bundesministerium raucht das falsche Kraut ? Wer hat gerade unter schwierigsten Rahmenbedingungen das deutsche Gesundheitssystem über Wasser gehalten ? Richtig: Die Apotheken vor Ort, die Ärzte vor Ort, alle anderen Leistungserbringer vor Ort. Schon vergessen worden im BMG ???

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Abda

von Conny am 22.05.2020 um 16:43 Uhr

Warum sollte die Abda das tun ?

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E-Rezept.

von Roland Mückschel am 22.05.2020 um 15:14 Uhr

Na ja, wenigstens weiss jetzt jeder Trottel
auf wessen Seite Regierung und Politik steht.
Sagte die Mama nicht dass Gesundheitspolitik
national wäre?
Mir wird nur noch schlecht.

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