Hanseatisches Oberlandesgericht

Opiumtinktur im Versandgefäß ist kein Fertigarzneimittel

Hamburg - 18.05.2020, 11:00 Uhr

Erst wenn die Tinktur von der Apotheke für eine bestimmte Indikation in ein verbrauchergerechtes Gefäß abgefüllt und mit einer Dosierungsanleitung versehen wurde, ist es „zur Abgabe an den Verbraucher“ bestimmt.  (Foto: Victor Moussa /stock.adobe.com)

Erst wenn die Tinktur von der Apotheke für eine bestimmte Indikation in ein verbrauchergerechtes Gefäß abgefüllt und mit einer Dosierungsanleitung versehen wurde, ist es „zur Abgabe an den Verbraucher“ bestimmt.  (Foto: Victor Moussa /stock.adobe.com)


Opiumtinktur, die in einem Versandgefäß zu Rezepturzwecken an Apotheken geliefert wird, ist kein Fertigarzneimittel. Dies hatte im Mai 2019 bereits das Landgericht Hamburg entschieden. Nun wurde die Berufung gegen dieses Urteil zurückgenommen. Denn zuvor hatte das Hanseatische Oberlandesgericht erklärt, es beabsichtige die Berufung zurückzuweisen.

Bei dem Rechtsstreit standen sich die Firma Pharmanovia* als Hersteller eines Opiumtinktur-Fertigarzneimittels und die Firma Maros als Hersteller von Opiumtinktur zu Rezepturzwecken gegenüber. Pharmanovia hatte argumentiert, die Tinktur zu Rezepturzwecken sei ein Fertigarzneimittel und werde unzulässigerweise ohne Zulassung vertrieben. Daraufhin würden auch die Apotheken ein zulassungspflichtiges Arzneimittel ohne Zulassung in den Verkehr bringen. Damit wurde der Rechtsstreit zwischen den Herstellern auch für die Apotheken relevant.

Erste Instanz: Inverkehrbringer entscheidet über Status

In dem Rechtsstreit zwischen den Herstellern hatte das Landgericht Hamburg am 28. Mai 2019 einen Antrag auf eine einstweilige Verfügung gegen Maros zurückgewiesen („Versandgefäß ist kein Fertigarzneimittel“, DAZ 2019, Nr. 38, S. 22). Das Gericht hatte dazu erklärt, dass Maros über eine gültige Herstellungserlaubnis für eingestellte Opiumtinktur zu Rezepturzwecken verfüge. Über einen solchen Verwaltungsakt könne sich ein Wettbewerbsverfahren nicht hinwegsetzen. Außerdem bringe Maros die Opiumtinktur in einer nicht anwendungsfähigen Verpackung in Verkehr. Das Produkt sei nicht zur Abgabe an Verbraucher bestimmt. Weiter hatte das Gericht erklärt, derjenige, der das Arzneimittel in Verkehr bringe, habe es in der Hand, ob es zur Abgabe an den Verbraucher bestimmt sei und damit als Fertigarzneimittel in Verkehr gebracht werde. Daraufhin hatte das Landgericht Hamburg im Mai 2019 keine einstweilige Verfügung gegen Maros erlassen, die Antragstellerin legte jedoch Berufung ein.

Eigenes Verfahren gegen Hamburger Apotheker

In einem weiteren Verfahren erließ das Landgericht Hamburg im Januar 2020 jedoch eine einstweilige Verfügung gegen eine Hamburger Apotheke und untersagte dieser Apotheke, Opiumtinktur als Rezeptur in Verkehr zu bringen. Die Apotheke legte dagegen Widerspruch ein. Eine gerichtliche Entscheidung dazu steht aus. Gegenüber der DAZ hatte Innocur als Vertreiber des Opiumtinktur-Fertigarzneimittels betont, dass es sich bei der Auseinandersetzung um Opiumtinktur um einen Einzelfall handele. Andere Rezepturen oder Defekturen seien nicht Gegenstand des laufenden Verfahrens.

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*Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Fassung war die Rede von Innocur als Hersteller des Opiumtinktur-Fertigarzneimittels. Innocur ist jedoch dessen Vertreiber, während Pharmanovia das Fertigarzneimittel herstellt.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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