Fragliche Umsatzsteuer auf Herstellerabschlag

Argumente für und gegen das Unterschreiben von Verzichtserklärungen

Süsel - 13.12.2019, 09:00 Uhr

Sollten Apotheken Verzichtserklärungen im Zusammenhang mit der Umsatzsteuer auf Herstellerabschläge unterzeichnen oder nicht? (s / Foto: imago images / Westend61)

Sollten Apotheken Verzichtserklärungen im Zusammenhang mit der Umsatzsteuer auf Herstellerabschläge unterzeichnen oder nicht? (s / Foto: imago images / Westend61)


Einige Krankenkassen fordern von Apotheken Verzichtserklärungen im Zusammenhang mit der Umsatzsteuer auf Herstellerabschläge. Mittlerweile gibt es dazu differenzierte Empfehlungen von Apothekerverbänden. Damit stehen den Apothekern zusätzliche Entscheidungshilfen zur Verfügung. Doch es bleiben weiterhin Fragen offen.

Einige Krankenkassen fordern von Apotheken, auf die Einrede der Verjährung bei der Umsatzsteuer für 2015 und teilweise auch für 2014 zu verzichten. Denn diese Krankenkassen gehen davon aus, dass sie durch die Umsatzsteuer auf den Herstellerabschlag belastet würden, und wollen dagegen juristisch vorgehen. Um die Verjährung ihrer Ansprüche zu verhindern, haben sie sich an die Apotheken gewandt und fordern eine diesbezügliche Verzichtserklärung.

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Am Mittwoch informierte der Apothekerverband Nordrhein seine Mitglieder in einem Sonderrundschreiben, dass das Abrechnungsprozedere in der Technischen Anlage 3 zu § 300 SGB V geregelt und mit den Krankenkassen abgestimmt sei. Weiter heißt es dazu: „Inwieweit das Abrechnungsprozedere vor dem Hintergrund aktueller Rechtsprechung für die Zukunft angepasst werden muss, wird derzeit auf Bundesebene geprüft.“ Der Apothekerverband Nordrhein empfiehlt seinen Mitgliedern dringend, sich vor einer Stellungnahme gegenüber der Krankenkasse vom eigenen Steuerberater beraten zu lassen.

Darüber hinaus gibt der Verband eine „unverbindliche Empfehlung“. Diese bezieht sich auf die Forderung der AOK Rheinland/Hamburg, die offenbar nur das Geschäftsjahr 2015 betreffe. Dazu erklärt der Apothekerverband Nordrhein, die Apotheker könnten eine solche Verzichtserklärung abgeben, soweit der Umsatzsteuerbescheid für 2015 noch änderbar ist. Der Verband empfiehlt eine Formulierung, nach der der Verzicht nur soweit gilt, wie der Apotheke die etwaigen Umsatzsteuerüberzahlungen durch das Finanzamt erstattet werden. Sollte der Umsatzsteuerbescheid für 2015 bereits bestandskräftig sein, empfiehlt der Verband, die Verzichtserklärung nicht zu unterschreiben.

AVNR: Verzichtserklärungen ab 2016 nicht nötig

Nach Informationen des Apothekerverbandes Nordrhein fordere die AOK Niedersachsen auch Verzichtserklärungen für den Zeitraum ab 2016. Dazu erklärt der Verband, dies sei nicht nötig, weil für diese Zeit zum Jahresende 2019 keine Verjährung drohe.

Da nicht einzuschätzen sei, ob eine Krankenkasse zur Hemmung der Verjährung Klage einreicht, empfiehlt der Apothekerverband Nordrhein außerdem, alle noch nicht bestandskräftigen Steuerbescheide bis zur Klärung der steuerrechtlichen Frage zum Herstellerabschlag offen zu halten. Allerdings gibt es dazu auch andere Meinungen (siehe unten).



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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2 Kommentare

DAV gefragt

von Dr.Diefenbach am 13.12.2019 um 9:19 Uhr

Insofern kann man eine UMGEHENDE juristische Stellungnahme des DAV erwarten.Dieses Imstichlassen "draussen" ist das Letzte was man gebrauchen kann.Und dass unterschiedliche Auffassungen existieren,DAS muss doch zur Folge haben ,dass eine einheitliche Vorgehensweise von oben vorgegeben wird!! Zumal teilweise zwei (!) Tage zur Antwort bleiben sollen,was allein schon inakzeptabel ist.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Unseriöses Vorgehen einer dubiosen Schar

von Andreas P. Schenkel am 13.12.2019 um 19:12 Uhr

Hab ich das richtig verstanden, manche GKV "gewähren gnädigst" nur zwei Tage zur Abgabe der Erklärung? Das ist ein überdeutliches Zeichen, dass die Forderung unseriös ist.

Im Internet gibt es das Phänomen, dass man Netz-Server mit soviel Arbeit durch Anfragen überlasten kann, dass man ihre ordnungsgemäßen Funktionen mehr oder weniger lahmlegt. Andersherum gedacht: Wenn die Apothekerschaft mal nicht auf Zuruf hüpft, sondern fröhlich pfeifend in den Winterhimmel grinst ..... Wenn also kaum jemand eine solche Verzichtserklärung unterschriebe, tja ob unsere Kumpels, die Kässelein, das Rumgeklage noch fristgerecht für alle Apotheken Deutschlands in bei Gerichte hängige Klagen umsetzen können? Eine blöde Wette zwar, aber dennoch ein charmanter Gedankengang.

Ceterum censeo, dass der DAV in künftigen Vertragswerken einen Preis > 0 € für das Factoring der Herstellerabschläge sowie eine angemessene Delkredere-Bepreisung dem GKV-Zwangsabschlag gegenübersetzen soll. Vermutlich niemand sonst in D macht das Inkasso inklusive Forderungsausfallrisiko für jemand anderen für total umme!

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