Folgen des BGH-Urteils

Kalender und Taschentücher haben als Werbegaben nicht ausgedient

Berlin - 27.08.2019, 07:00 Uhr

Wer fröstelnd mit einem Rezept in die Apotheke kommt, für den könnte das geschenkte Päckchen Taschentücher durchaus „handeslübliches Zubehör“ sein. (c / Foto: Dan Race / stock.adobe.com)

Wer fröstelnd mit einem Rezept in die Apotheke kommt, für den könnte das geschenkte Päckchen Taschentücher durchaus „handeslübliches Zubehör“ sein. (c / Foto: Dan Race / stock.adobe.com)


Kammern können es unterschiedlich sehen

Dennoch informiert etwa die Apothekerkammer Bayern, dass ein Traubenzucker oder ein Päckchen Papiertaschentücher als Ausdruck von Kundenfreundlichkeit weiterhin zulässig seien. Alle anderen geringwertigen Zugaben wie beispielsweise ein Kalender mit Werbeaufdruck der Apotheke oder Treuetaler dürften hingegen nur bei nicht preisgebundenen Arzneimitteln abgegeben werden.

Alles klar also? DAZ.online hat bei Rechtsanwältin Sylvia Braun von der Münchener Kanzlei Meisterernst nachgefragt:

DAZ.online: Frau Braun, ist das BGH-Urteil wirklich das Aus für Taschentücher und Traubenzucker aus der Apotheke?

Rechtsanwältin Sylvia Braun LL.M., Fachanwältin für gewerblichen Rechtsschutz.

Braun: Nein – nicht umfassend. Das Verbot von solchen Zugaben gilt nur dann, wenn damit die Preisbindung unterlaufen wird, also wenn sie anlässlich einer Rezepteinlösung abgegeben werden. Beim ausschließlichen Kauf von nicht preisgebundenen Produkten (OTC- und freiverkäufliche Arzneimittel, Medizinprodukte, Produkte aus dem apothekenüblichen Sortiment) dürfen nach wie vor Taschentücher und Traubenzucker als Zugabe als sogenannte geringwertige Kleinigkeit mitgegeben werden.

Zu beachten ist, dass der BGH in seinen Urteilen ausdrücklich nur zu dem Brötchen-Gutschein und dem 1-Euro-Gutschein in ganz bestimmten Konstellationen (es wurden ausschließlich preisgebundene Arzneimittel erworben) entschieden hat. Traubenzucker und Taschentücher wurden nur am Rande erwähnt, und die Frage, wie es bei Mischkäufen, also dem Kauf sowohl preisgebundener und nicht preisgebundener Produkte, aussieht, hat er ebenfalls nicht ausdrücklich behandelt. Dennoch kann man die Urteile des BGH so lesen, dass bei einem Mischkauf weiterhin ebenfalls Taschentücher und Traubenzucker als Zugaben abgegeben werden dürfen. Dies könnten einige Apothekerkammern allerdings auch anders sehen.

Erfreulicherweise hat der BGH aber klargestellt, dass auch bei preisgebundenen Arzneimitteln weiterhin die gesetzlichen Ausnahmen vom Zuwendungsverbot in § 7 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 HWG Anwendung finden. Theoretisch könnte man zukünftig argumentieren, die Abgabe von Taschentüchern oder Traubenzucker könne auch bei preisgebundenen Arzneimitteln zumindest situationsbezogen als „handelsübliches Zubehör“ im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 3 HWG zulässig sein. Aber auch dies könnten einzelne Apothekerkammern – eventuell unter Hinweis auf ihre jeweilige Berufsordnung – strenger beurteilen. Schon bisher wurde bei wettbewerbsrechtlichen Auseinandersetzungen die Ausnahme des § 7 Abs. 1 Nr. 3 HWG sehr häufig zur Verteidigung angeführt, von den Gerichten aber so gut wie nie anerkannt.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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1 Kommentar

Zugabenverbot

von Conny am 27.08.2019 um 8:35 Uhr

Da spielt man halt auch mal Doc Morris. Eine Schütte mit 1cent Pflasterstripps und die Zugabenverordnung ist ausgehebelt.

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