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Fragen zur aktuellen BGH-Entscheidung
Kein Traubenzucker, keine Taschentücher – keine Umschau?
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am heutigen Donnerstag
entschieden: Auch eine geringfügige Werbegabe wie ein Brötchengutschein ist wettbewerbswidrig, wenn sie bei der Rezepteinlösung ausgegeben wird. Heißt das, dass nun sämtliche Geschenke aus der Apotheke
tabu sind? Auch Taschentücher, Traubenzucker oder sogar Kundenzeitschriften wie
die Apotheken-Umschau? Nicht ganz. Das Ende aller Zuwendungen bedeuten die
aktuellen Urteile des BGH nicht. Auch Kundenzeitschriften sind weiterhin erlaubt.
Die Entscheidungsgründe liegen noch nicht vor – doch der BGH erklärt in seiner heute veröffentlichen Pressemitteilung deutlich: Ein Verstoß gegen das Zuwendungsverbot in § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Heilmittelwerbegesetz (HWG), der entgegen den Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes gewährte Werbegaben generell untersagt, beeinträchtigt die Marktteilnehmer auch spürbar. „Der Umstand, dass es sich sowohl bei einem Brötchen-Gutschein als auch bei einem Ein-Euro-Gutschein um Werbegaben von geringem Wert handelt, ändert daran nichts.“ Im August 2013 hatte der Gesetzgeber das Heilmittelwerbegesetz geändert, weil er gerade diesen Punkt klarstellen wollte.
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Zuvor war die Rechtsprechung nämlich nicht einheitlich: Während Zivilgerichte meinten, nicht jedes kleine Geschenk sei „spürbar“ im Wettbewerb und zum Beispiel ein Ein-Euro-Gutschein fürs Rezept noch in Ordnung, sahen dies Verwaltungs- und Berufsgerichte, die strikt ordnungsrechtlich entschieden, anders und sanktionierten jede Abweichung von der Rx-Preisbindung. Damit sollte nach der Änderung im Heilmittelwerbegesetz Schluss sein. Für die Karlsruher Richter ist die Regelung aus dem Jahr 2013 eindeutig: Jede Zuwendung oder Werbegabe, die gegen die Preisvorschriften des Arzneimittelgesetzes verstößt, ist unzulässig. Und diese Regelung dürfe nicht dadurch unterlaufen werden, dass ein solcher Verstoß als nicht spürbar eingestuft und damit als nicht wettbewerbswidrig angesehen wird. „Ein Abstellen auf die finanzielle Geringwertigkeit der Werbegabe ist ausgeschlossen, nachdem die Preisbindung nach dem Willen des Gesetzgebers strikt einzuhalten ist“, so der BGH.
Auch Taschentücher und Traubenzucker sind betroffen
Damit könnten auch kleinste Werbegaben, wie Traubenzucker oder Taschentücher, problematisch sein, wenn sie im direkten Zusammenhang mit einer Rezepteinlösung stehen. Streitgegenstand waren diese allerdings nicht. Ob die Entscheidungsgründe hierzu mehr Aufschluss geben, muss sich zeigen. Sicher dürfte keine Apotheke mit derartigen Zugaben werben, so wie es bei geldwerten Gutscheinen der Fall war. Vor allem ist nicht anzunehmen, dass Kunden hierdurch zu ködern wären und die Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung besteht. Trotzdem, es ist eine Zuwendung und schon das bloße „Gewähren“ könnte nach § 7 HWG unzulässig sein.
Apotheken, die auf der sicheren Seite sein wollen, sollten daher selbst diese
kleinen Zugaben wirklich nur den Kunden zukommen lassen, die keine Verordnung
einlösen. „Dass Apotheken künftig das Taschentücherpäckchen dann verschenken
dürfen, wenn der Kunde ein nicht verschreibungspflichtiges Medikament kauft,
nicht aber, wenn er ein Rezept einlöst, dürfte für viele Verbraucher schwer
nachvollziehbar sein“, meint Wettbewerbsrechtler Ilja Czernik, Counsel der
Kanzlei SKW Schwarz Rechtsanwälte in Berlin. Er ist dennoch nicht überrascht von dem Urteil. „Der
vormals großzügigeren Haltung des BGH hat der Gesetzgeber bereits 2013 eine
Absage erteilt, indem er das Heilmittelwerbegesetz entsprechend ergänzt hat.
Seither sind Werbegaben unzulässig; nur war dies höchstrichterlich bisher nicht
bestätigt.“
7 Kommentare
Missstände
von Irina Rotgans am 09.06.2019 um 21:38 Uhr
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Herstellungskosten geringwertig (Kundenzeitschriften)
von atopom am 09.06.2019 um 13:51 Uhr
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Zeigt Quali
von Thomas Kerlag am 08.06.2019 um 22:43 Uhr
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Missstände
von Fritz Klein am 07.06.2019 um 7:43 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Missstände
von Heiko Barz am 07.06.2019 um 12:20 Uhr
Zugaben
von Alexander Zeitler am 07.06.2019 um 2:45 Uhr
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Aktuelle BGH Entscheidung
von Stefan Gänsler am 06.06.2019 um 22:29 Uhr
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