Erstattung

Welche Läusemittel zahlt die Kasse?

Stuttgart - 01.09.2018, 08:00 Uhr

Bei allen Mitteln wird empfohlen, die Eier zusätzlich mechanisch mit einem Nissenkamm zu entfernen. 
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Bei allen Mitteln wird empfohlen, die Eier zusätzlich mechanisch mit einem Nissenkamm zu entfernen. 


Pediculosis capitis – auf Deutsch die Kopflaus. Allein der Gedanke daran verursacht bei vielen Menschen Juckreiz. Vor allen trifft es Schul- und Kindergartenkinder. Doch werden die Plagegeister nicht konsequent bekämpft, sind oft ganze Familien betroffen. Eine Reihe von Arzneimitteln und Medizinprodukten ist verfügbar. Für Kinder übernimmt zum Teil sogar die Kasse die Kosten. 

Arzneimittel gegen Kopflausbefall enthalten in der Regel Pyrethrine oder synthetische Derivate davon, die neurotoxisch wirken. Präparate, die als Arzneimittel zugelassen sind, sind bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr oder bei Entwicklungsstörungen bis zum 18. Lebensjahr zulasten der GKV verordnungsfähig. Folgende Präparate sind derzeit erhältlich (Beispiele):

Goldgeist forte® (Wirkstoff: Pyrethrumextrakt)

Pyrethrumextrakt (syn. Pyrethrine) enthält sechs insektizide Verbindungen. Der Wirkmechanismus beruht auf der verlängerten Öffnung spannungsabhängiger Natriumkanäle der Nervenmembranen. Dies führt zu sensorischer Überregbarkeit der Läuse, Koordinationsstörungen und Erschöpfung bis zum Tode.

Pyrethrumextrakt-haltige Mittel sind gut pedikulozid wirksam, ihre Wirkung gegen Nissen ist allerdings nur schwach. Daher muss die Therapie nach einer Woche generell wiederholt werden. Das erhöht die Gefahr von ­Nebenwirkungen. Die enthaltenen Verbindungen sind sehr licht- und ­sauerstoffempfindlich. Nur durch den Zusatz von Antioxidanzien, die der Zersetzung entgegenwirken, kann ­eine zuverlässige Wirkung erzielt ­werden.

Infectopedicul® (Wirkstoff: Permethrin)

Permethrin ist ein synthetisches Pyrethrin, das deutlich weniger licht- und sauerstoffempfindlich ist als Pyrethrumextrakt und als besser verträglich gilt. Die höhere Stabilität soll für eine zuverlässigere Wirksamkeit auch gegen Nissen sorgen, wobei diese nicht eindeutig belegt ist. Ein Imprägnier- oder Retardeffekt macht eine ­einmalige Anwendung in den meisten Fällen ausreichend. Der Zusatz von Alkohol zu Permethrin soll zudem die Schädigung der Nissen verstärken. 

Jacutin Pedicul® Spray (Wirkstoff: Allethrin)

Allethrin ist ebenfalls ein synthetisches Pyrethrin, das allerdings ähnlich licht- und sauerstoffempfindlich ist, wie die natürliche Variante. Die Wirkung gegen Kopfläuse und Nissen ähnelt der des Pyrethrumextrakts. Allethrin ist zwar vergleichsweise etwas weniger toxisch, jedoch birgt die Galenik als Spray das Risiko der Inhalation in sich. Asthmatiker beispielsweise sind hier besonders gefährdet. Daher ist Jacutin®-Spray bei Asthmatikern und Personen mit bronchopulmonalen Erkrankungen kontraindiziert.

Bei Pyrethrinen besteht die Gefahr der Resistenzbildung. Außerhalb Deutschlands stellen diese Resistenzen und auch Kreuzresistenzen gegen andere Ektoparasiten ein Problem dar. In Großbritannien beispielsweise sank die Wirksamkeit von Permethrin von 97 Prozent in den 1990er-Jahren auf 13 Prozent in 2013.
 

Medizinprodukte gegen Läuse

Die Mehrheit der Kopflausmittel ist als Medizinprodukt eingestuft. Hier übernimmt die Kasse nur die Präparate, die in Anlage V der Arzneimittelrichtlinie gelistet sind – natürlich ebenfalls nur bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr oder bei Entwicklungs­störungen bis zum 18. Lebensjahr. 

Derzeit sind das die Dimeticon-haltigen Mittel Dimet® 20, EtoPril®, Nyda® und seit neuestem auch Hedrin Once Liquid Gel. Außerdem wird Mosquito® Med 10 Läuseshampoo auf Basis von dickflüssigem Paraffin erstattet. Ein pflanzliches  Mittel auf der Liste: Paranix® ohne Nissenkamm (Wirkstoffe: Anisöl, Kokosöl, Ylang-Ylang-Blütenöl).  

Jacutin® Pedicul Fluid (Dimeticon) von Almirall ist seit etwa zwei Jahren nicht mehr erstattungsfähig. Alle anderen Medizinprodukte, beispielsweise Licener® Shampoo gegen Kopfläuse (Wirkstoff: Neemextrakt), sind ebenfalls nicht zulasten der GKV verordnungsfähig.

Wirkweise

Die Wirkung der Dimeticone ist rein physikalisch, ebenso wie die des Neemextraktes. Die Substanzen dringen in das Tracheensystem der Laus ein und verdrängen dort den Sauerstoff, den der Parasit zum Atmen benötigt. Der rasche Wirkungseintritt und das physikalische Wirkprinzip machen Resistenzentwicklung unwahrscheinlich.

Dimeticone sind biochemisch inert und werden nach oraler Aufnahme oder Applikation auf der Haut nicht resorbiert. Sie gelten als untoxisch. Sie enthalten verschiedene Dimeticone einzeln oder in Kombination, die sich in der Kettenlänge und in den physiko-­chemischen Eigenschaften wie Viskosität und Benetzbarkeit unterscheiden. Weitere Unterschiede betreffen die Konzentration der Dimeticone, den Zusatz von Lösungsmitteln beziehungsweise mineralischen Ölen sowie die Beimischung von z. B. Pflanzenölen, die ihrerseits wirksam gegen Kopfläuse sein können.

Neem-Extrakt wird aus Samen des Neem-Baums gewonnen. 


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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