Bundesverwaltungsgericht

Recht auf Suizid-BtM im „extremen Einzelfall“

Berlin - 03.03.2017, 17:45 Uhr

Recht auf BtM zum Suizid? Diese Entscheidung möchte das BfArM verständlicherweise nicht treffen. (Foto: Photographee.eu / Fotolia)

Recht auf BtM zum Suizid? Diese Entscheidung möchte das BfArM verständlicherweise nicht treffen. (Foto: Photographee.eu / Fotolia)


EU-Gerichtshof für Menschenrechte ermöglicht neue Entscheidung

Das Rechtsmittel vor dem Oberverwaltungsgericht Münster sowie eine  Verfassungsbeschwerde blieben ohne Erfolg. Sogar der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wurde eingeschaltet. Und dieser entschied im Juli 2012, dass der Ehemann durchaus einen Anspruch habe, dass auch die Begründetheit seiner Klage geprüft wird. Dies ergebe sich aus dem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK).

Daraufhin wurde das Verfahren wieder aufgenommenen – und von den Vorinstanzen diesmal als unbegründet abgewiesen. Das BfArM habe zu Recht angenommen, dass die beantragte Erlaubnis nach den Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes zu versagen sei. Darin liege auch weder ein Verstoß gegen Grundrechte noch gegen Rechte und Freiheiten nach der EMRK.

BtMG: Keine Grundlage für Arzneimittelerwerb zur Selbsttötung

Doch dann war das Bundesverwaltungsgericht am Zug – und entschied anders. Es hielt den Versagungsbescheid des BfArM für rechtswidrig. Die schriftlichen Urteilsgründe liegen noch nicht vor. In seiner Pressemitteilung verweist das Gericht jedoch darauf, dass es nach den Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes grundsätzlich nicht möglich ist, den Erwerb eines Betäubungsmittels zum Zweck der Selbsttötung zu erlauben. Allerdings sei hiervon im Lichte des Selbstbestimmungsrechts in Extremfällen eine Ausnahme für schwer und unheilbar kranke Patienten zu machen. Jedenfalls dann, „wenn sie wegen ihrer unerträglichen Leidenssituation frei und ernsthaft entschieden haben, ihr Leben beenden zu wollen, und ihnen keine zumutbare Alternative – etwa durch einen palliativmedizinisch begleiteten Behandlungsabbruch – zur Verfügung steht“. Deshalb hätte das BfArM prüfen müssen, ob hier ein solcher Ausnahmefall gegeben war.

Mehr als späte Genugtuung bringt dies dem Kläger nicht. Nachdem seine Frau nun tot ist, lässt sich die geforderte Prüfung nun nicht mehr nachholen. Eine Zurückverweisung der Streitsache an die Vorinstanz zur weiteren Sachverhaltsaufklärung scheidet daher ebenso aus wie die Feststellung, dass das BfArM zur Erlaubniserteilung verpflichtet gewesen wäre.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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