Gesundheitswesen

Bedingt zukunftsfähig

Berlin - 31.10.2016, 17:30 Uhr

Die Experten des Berichts der Nationalen Akademie der Wissenschaften fordern Reformen, und an einigen Stellen soll das Messer angesetzt werden. (Foto: s_l / Fotolia)

Die Experten des Berichts der Nationalen Akademie der Wissenschaften fordern Reformen, und an einigen Stellen soll das Messer angesetzt werden. (Foto: s_l / Fotolia)


Deutschland ist Weltmeister bei vielen OPs, doch andernorts geht es Patienten besser

Schon vor drei Jahren zeigte eine Untersuchung der der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), dass in kaum einem anderen Industriestaat so viel operiert wird, wie in Deutschland. Bei Herzkathetern, Brustoperationen und künstliche Hüften lag Deutschland auf Platz eins unter allen OECD-Staaten, Im gleichen Jahr noch gerieten Krankenhausärzte unter Druck, weil sie Prämien ergatterten, je mehr lukrative Eingriffe sie vornahmen – auch wenn diese nicht zwingend notwendig waren. Entsprechend viel Geld fließt in das deutsche Gesundheitssystem. Für das Jahr 2014 waren es laut Statistischem Bundesamt rund 328 Milliarden Euro. Weitaus mehr als im OECD-Durchschnitt, ist im Leopoldina-Papier zu lesen.

Allerdings bedeutet das nicht, dass deutsche Patienten besser versorgt wären. Im Gegenteil: Sie ist in Dänemark oder Schweden, die weniger Geld für die Gesundheitsversorgung ausgeben, sogar besser. Beispiel: In Deutschland sterben durchschnittlich doppelt so viele Patienten über 45 nach einem Herzinfarkt im Krankenhaus wie in Schweden oder Australien, obwohl „oder vielmehr weil es dort weniger dafür besser ausgestattete Krankenhäuser gibt“. Im OECD Ranking belegt Deutschland Platz 25 von 32 Ländern. 

Deutschland habe zu viele Krankenhäuser

Mehr Geld führt also nicht automatisch zu einem besseren Gesundheitssystem, sagt die These 2. Voraussetzung sei, dass man strukturelle Probleme behebe. Und die heißen für die Experten: Es gibt zu viele – mitunter schlechte – Krankenhäuser. Deutschland über die Hälfte mehr Krankenhäuser als der europäische Durchschnitt. Doch rund ein Viertel der Kliniken besitzt keinen Computertomografen und jede Fünfte hat kein einziges Intensivbett. „Wofür brauchen wir diese Einrichtungen?“, fragt Busse provozierend. Würde man dänische Strukturen in Deutschland etablieren, würden weit über 1500 Krankenhäuser wegfallen. Dafür aber wären diese Zentren mit allen notwendigen Abteilungen und Gerätschaften ausgestattet.

Mit dieser Auffassung stehen die Autoren des Papiers nicht allein da. Erst am Freitag veröffentlichten das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und das Institut for Heath Care Business GmbH im Auftrag von fünf Krankenkassen eine Studie über die Krankenhaussituation des Saarlandes. Sie bescheinigt eine zu große Klinikdichte, die sich negativ auf die wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser im Saarland auswirke. Außerdem verfügten die Häuser über einen niedrigen Spezialisierungsgrad. Das heißt übersetzt, wer tatsächlich eine schwerwiegende Krankheit, wie etwa einen Schlaganfall erleidet, ist dort denkbar schlecht aufgehoben.



Edda Grabar, Autorin DAZ.online
redaktion@daz.online


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