Antikorruptionsgesetz

Roche macht Schluss mit kostenlosen Blutzuckermessgeräten bei Ärzten

Berlin - 15.08.2016, 17:50 Uhr

Kostenlose Blutzuckermessgeräte von Roche sollen Patienten jedenfalls in Arztpraxen nicht mehr bekommen. (Foto: Roche)

Kostenlose Blutzuckermessgeräte von Roche sollen Patienten jedenfalls in Arztpraxen nicht mehr bekommen. (Foto: Roche)


Nachdem im Juni die neuen Straftatbestände zur Korruption im Gesundheitswesen in Kraft getreten sind, stellen Heilberufler und Unternehmen einige Geschäftspraktiken infrage. Unsicherheit herrscht etwa im Hinblick auf Blutzuckermessgeräte: Dürfen diese noch kostenlos an Ärzte abgegeben werden? Roche hat sich zu einem Abgabestopp entschieden.

Seit Anfang Juni hat das Strafgesetzbuch zwei neue Korruptionstatbestände – sie sind ganz auf das Gesundheitswesen zugeschnitten (§ 299 a und § 299 b StGB). Sie stellen auch die bisherige Praxis von Herstellern von Blutzuckermessgeräten infrage, diese Geräte kostenlos an Arztpraxen und Kliniken abzugeben. Die Ärzte sollen diese dann an Patienten weitergeben – die dann wiederum regelmäßig die passenden Teststreifen erstehen müssen.

Ob mit diesem Vorgehen tatsächlich der Tatbestand der Korruption erfüllt wird, ist derzeit nicht eindeutig zu beantworten. Dagegen spricht, dass schließlich der Patient beziehungsweise seine Krankenkasse den Nutzen von einem kostenlosen Gerät hat. Anders kann es allerdings sein, wenn der Arzt sich durch das Geschenk gegenüber der Firma verpflichtet fühlt. Auch gibt es Rechtsgutachten, etwa ein im Auftrag des Verbands der Diagnostica-Industrie e.V. durchgeführtes, denen zufolge unter bestimmten Umständen die Annahme kostenloser Blutzuckermessgeräte durch Ärzte unter den Tatbestand der Bestechlichkeit fallen kann. Darauf verweist der Pharmakonzern Roche, der mit der Roche Diabetes Care Deutschland GmbH eine eigenständige Vertriebsgesellschaft für Diabetes-Produkte unterhält.

Sicher ist sicher

„Ob die bisherige Praxis der Abgabe kostenloser Blutzuckermessgeräte an Patienten durch Ärzte unter den Straftatbestand der Bestechung fällt, wird endgültig erst entschieden sein, wenn höchstrichterliche Entscheidungen vorliegen“, erklären daher die beiden Außendienstleiter von Roche Diabetes Care Dirk Uebelhör und Oliver Karpf. Doch bis es so weit ist, will Roche potenzielle rechtliche Risiken sowohl für das Unternehmen als auch für seine Kunden und Partner vermeiden. Das Unternehmen hat sich daher entschlossen, keine kostenlosen Blutzuckermessgeräte mehr durch seinen Außendienst bei Ärzten abzugeben.

Die Versorgung der Patienten mit Accu-Chek Blutzuckermessgeräten werde weiterhin über die etablierten Vertriebswege sichergestellt, heißt es. Dazu zählen Apotheken, der Diabetesfachhandel, das unternehmenseigene Kunden Service Center und die Internetseite.

Doch was ist der etablierte Vertriebsweg über die Apotheke? Derzeit ist zu hören, dass Hersteller von Blutzuckermessgeräten angesichts der neuen Rechtslage dazu übergehen, ihre Geräte kostenlos an Apotheken abzugeben statt an Arztpraxen. Tatsache ist, dass es für Patienten auch in der Apotheke unterschiedliche Möglichkeiten gibt, an Blutzuckermessgeräte zu kommen: Sie können sie selbst kaufen – zu einem reellen oder einem symbolischen Preis – oder sie erhalten sie geschenkt. Denkbar ist auch, dass die Kasse bewilligt, die Kosten zu übernehmen.

Auch Roche erklärte auf Nachfrage von DAZ.online, dass der Vertriebsweg von Blutzuckermessgeräten über die Apotheke aktuell noch wichtiger werde. Derzeit evaluierten aufgrund der neuen Rahmenbedingungen die Hersteller generell die Vertriebswege neu. „Bei Veränderungsbedarf werden wir die Apotheker entsprechend informieren“, so das Unternehmen.


Dieser Text wurde ergänzt um ein Statement von Roche am 18.August 2016.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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