Landessozialgericht

Korrupter Arzt muss Honorar zurückzahlen

Hannover - 04.08.2016, 17:50 Uhr

Das Landessozialgericht entschied, dass ein Arzt rund 300.000 Euro Honorar zurückzahlen muss. (Foto: vege / Fotolia)

Das Landessozialgericht entschied, dass ein Arzt rund 300.000 Euro Honorar zurückzahlen muss. (Foto: vege / Fotolia)


Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) darf das Honorar eines Arztes zurückfordern, der einer Kollegin Geld für die Überweisung von Laborproben zukommen ließ. Der Mediziner legte Rechtsmittel gegen die Entscheidung ein. Seiner Meinung nach begingen die KV, Staatsanwaltschaft und Strafgerichte bandenmäßige Rechtsbeugung.

Von korrupten Ärzten, die sich gegen Geld untereinander Patienten oder Untersuchungen zuweisen, darf die Kassenärztliche Vereinigung (KV) das Honorar zurückfordern. Das hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) erstmals entschieden (Az.: L 3 KA 6/13).

Eine derartige Vorteilsgewährung sei untersagt, weil Überweisungen nur aus fachlichen, nicht aber aus finanziellen Gründen erfolgen sollen. Der faire Wettbewerb unter den Ärzten müsse geschützt werden, betonte das Celler Gericht. Die Missachtung dieses Verbotes wiege so schwer, dass es dem zahlenden Mediziner nicht gestattet sein könne, das damit verdiente Honorar zu behalten. Wegen der höchstrichterlich noch nicht entschiedenen Frage der Honorarrückforderung sei der Fall inzwischen beim Bundessozialgericht (Az.: B 6 KA 25/16 R) anhängig, sagte eine LSG-Sprecherin am Donnerstag.

Nur Versandkosten?

Im konkreten Fall gab das Gericht der KV Niedersachsen Recht, die von einem Laborarzt knapp 300.000 Euro zurückfordert. Der Mediziner hatte einer Urologin für jede Überweisung von Untersuchungsmaterial seit Anfang der neunziger Jahre 50 Pfennig (umgerechnet 26 Cent) gezahlt. Der Behauptung des Laborarztes, mit der Zahlung der 0,50 DM pro Überweisung habe er der Urologin eine „pauschale Erstattung“ von Versandkosten zukommen lassen wollen, schenkte das Gericht keinen Glauben.

Dank der großen Zahl von Überweisungen strich der Laborarzt Honorar im sechsstelligen Euro-Bereich ein, während die Urologin jährlich mehrere Tausend Euro als Gegenleistung erhielt. Dafür wurde die Medizinerin 2009 zu einer Haftstrafe auf Bewährung verurteilt – wegen Betrugs in Tateinheit mit Untreue in 6.904 Fällen. „Der Laborarzt hat gegen die berufsrechtliche Regel verstoßen, wonach es Ärzten verboten ist, für die Zuweisung von Patienten oder Untersuchungsmaterial ein Entgelt zu gewähren oder zu versprechen“, erklärten die Richter in ihrem Urteil.

Rechtsbeugung durch KV-Vertreter und Richter?

Der Arzt sieht selber gravierende Pflichtverletzungen der Amtsträger – offenbar sieht er sich als Opfer eines Komplotts. Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigung, der Staatsanwaltschaft und der Strafgerichte hätten „bandenmäßig“ Rechtsbeugung, Verleumdung, Hausfriedensbruch und andere Delikte begangen, brachte er vor Gericht vor.

Hier finden Sie das schriftliche Urteil des Landessozialgerichts im Wortlaut.


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1 Kommentar

Für'n Fuffzscher...

von Christian Becker am 05.08.2016 um 7:37 Uhr

... (Pfennig, wohlgemerkt) kann man heutzutage nicht mal mehr eine Postkarte verschicken. Da kann ich mir das als "Versandpauschale" für die Laborproben, die ja auch z.T. gekühlt werden müssen bzw. zügig transportiert, schon vorstellen.
Vor dem Hintergrund kann ich weder das Urteil gegen die Ärztin noch gegen den Laborarzt verstehen.

Währenddessen dürfen gewisse Hersteller oraler Kontrazeptiva ihr Präparat mit einem Preisnachlass nahe 100% an die AOK abgeben, wohl einkalkulierend dass sie damit Konkurrenz verdrängen und sich die Selbstzahler von morgen sichern.

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