Rabattverträge

Nichtlieferbarkeit retaxsicher nachweisen

Stuttgart - 05.02.2016, 19:00 Uhr

Neues Retaxproblem: Nichtanerkennung von Großhandelsbelegen durch die DAK sorgt für großen Unmut bei Apothekern.

Neues Retaxproblem: Nichtanerkennung von Großhandelsbelegen durch die DAK sorgt für großen Unmut bei Apothekern.


Ein neues Retaxproblem erregt derzeit die Gemüter: Die DAK akzeptiert als Nachweis der Nichtlieferbarkeit von Rabattartikeln keine Belege vom Großhandel mehr. Ist das rechtens? Und muss jetzt bei jedem Lieferengpass der Nachweis beim Hersteller eingeholt werden? 

Ist ein Rabattartikel nicht lieferbar, muss die Apotheke dies nachweisen. So sieht es der Rahmenvertrag vor. Wörtlich heißt es dort: „Dass ein rabattbegünstigtes Arzneimittel zum Zeitpunkt der Vorlage der Verordnung vom pharmazeutischen Unternehmer nicht geliefert werden konnte, hat die Apotheke nachzuweisen. Der Nachweis kann durch Vorlage einer Erklärung des pharmazeutischen Unternehmers oder des Großhändlers geführt werden. […]."

Anhand dieser Formulierung ist es nachvollziehbar, dass die Nichtanerkennung von Großhandelsbelegen durch die DAK für großen Unmut sorgt. Zumal es im Apothekenalltag wenig praktikabel ist, bei jedem Defekt die Bestätigung des Herstellers einzuholen. „Mit der neuen Forderung würden den Apotheken zusätzliche bürokratische Hürden aufgebürdet, nur um sich vor einer Bezahlung der Arzneimittel zu drücken“, schreibt die „Freie Apothekerschaft“ in einer Meldung. Das Vorgehen der DAK sei Gutsherrengehabe, das in den letzten Tagen dazu geführt habe, dass sich Apotheken geweigert hätten, ein nichtlieferbares Arzneimittel durch ein lieferbares auszutauschen. Leidtragende seien die Patienten, heißt es weiter.

Der Kommentar gibt Aufschluss

Wo das eigentliche Problem liegt, zeigt ein Blick in den Kommentar des DAV zum Liefervertrag. Dort heißt es: „Der Nachweis kann durch Vorlage einer Erklärung des pharmazeutischen Unternehmers oder eines Großhändlers erfolgen, aus der sich ergibt, dass die Apotheke vom Großhändler bzw. vom Hersteller nicht beliefert werden konnte, weil der Hersteller nicht lieferfähig war.“

Stein des Anstoßes ist also nicht der Großhandelsbeleg an sich, sondern lediglich die Formulierung. Aus der muss hervorgehen, dass der Hersteller zum Zeitpunkt der Abgabe nicht lieferfähig war - und das scheint nicht immer der Fall zu sein. Gespräche zwischen dem Bundesverband des pharmazeutischen Großhandels (PHAGRO) und dem DAV sind bereits geplant, um die Probleme aus der Welt zu schaffen. Der PHAGRO wollte sich daher zum jetzigen Zeitpunkt gegenüber DAZ.online nicht äußern.

Apothekerverbände haben bereits informiert

Landesapothekerverbände haben dies aber bereits getan. So schreibt zum Beispiel der LAV Baden-Württemberg in einer „LAV-Aktuell“-Meldung am 5. Januar 2016, dass der Nachweis, dass ein Hersteller nicht liefern kann, bekanntlich durch Vorlage einer Erklärung des Herstellers oder des Großhandels erfolgen kann. Die Erklärung des Großhandels müsse aber zweifelsfrei formuliert sein. Es muss daraus eindeutig hervorgehen, dass die nicht vorhandene Lieferfähigkeit des pharmazeutischen Unternehmers" ursächlich dafür ist, dass die Apotheke vom Großhandel nicht mit dem betreffenden Arzneimittel beliefert werden konnte.

Der LAV rät daher seinen Mitgliedern in ihrem eigenen Interesse darauf zu achten, dass Nachweise ihres Großhandels hier zweifelsfrei und rechtssicher formuliert sind. Dieselben Empfehlungen hat der Apothekerverband Mecklenburg-Vorpommern seinen Mitgliedern in einer Schnellinfo vom 20. Januar 2016  zukommen lassen.

Auch Nachfragen von DAZ.online bei einigen gesetzlichen Krankenkassen bestätigen die Einschätzung  der Verbände. So schreibt die Barmer GEK: „Es reicht nicht, wenn lediglich der Großhändler bestätigt, dass er nicht lieferfähig war. Der Nachweis muss vom pharmazeutischen Unternehmen kommen. Ob die Apotheke oder der Großhandel in solch einem Fall Kontakt zum pharmazeutischen Unternehmen aufnimmt, bleibt aber den Beteiligten selbst überlassen.“

Auch die Aussage des AOK-Bundesverband dass „als Nachweis für die Apotheke entweder eine Erklärung des betroffenen Herstellers selbst zu seiner fehlenden Lieferfähigkeit  oder aber eine Erklärung des Großhändlers, dass der betroffene Hersteller gegenüber dem Großhändler nicht lieferfähig ist, vorliegen muss“ beinhaltet dieselbe Aussage. Ebenso eindeutig äußert sich der Auslöser der ganzen Debatte, die DAK: „Der Nachweis (Anm. der Red.: der Nichtlieferbarkeit) kann vom Großhändler ausgestellt werden, bezieht sich aber immer auf die Lieferunfähigkeit des pharmazeutischen Unternehmers.

Großhandelsbeleg muss eindeutig sein

Auch wenn es ärgerlich ist, diese Fälle vielleicht in der Vergangenheit weniger streng gehandhabt wurden (und es von vielen Kassen auch noch werden), das Fazit lautet: Der Beleg des Großhandels reicht aus. Aber nur unter der Voraussetzung, dass aus ihm eindeutig hervorgeht, dass der Hersteller den Großhandel nicht beliefern konnte. Im eigenen Interesse sollten Apotheker darauf achten. Bei jedem Lieferengpass einen Beleg vom Hersteller anzufordern, ist eigentlich nicht notwendig.


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10 Kommentare

Der LAV rät ... darauf zu achten ...

von Alfons Neumann am 08.02.2016 um 2:58 Uhr

Der LAV hat ... gegen derartige KraKa-Ideen anzugehen !

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Apotheker sein bedeutet eben nicht nur AMTS machen...

von Barbara Buschow am 06.02.2016 um 18:47 Uhr

sondern auch die Beschaffung von Arzneimitteln - auf dieser Aussage einer Mitarbeiterin des AVWL kaue ich jetzt schon ein paar Tage herum.Wir hatten kurz telefonisch diskutiert, welchen "Affenaufstand" ich betreiben müsste, um eine Verordnung von 100 FS Clexane im Sinne des Verordners und der Patientin zu erfüllen:
Retaxsichere Bescheinigung sämtlicher Impoteure oder Großhandlungen, dass die 50er Packung nicht verfügbar ist und dann Genehmigung der Krankenkasse in diesem Falle ausnahmsweise mit 5x20 Fertigspritzen stückeln zu dürfen.Auf meinen Einwand, das der Aufwand ja wohl etwas übertrieben wäre und der Patient ja schließlich auch zeitnah versorgt werden müsse, durfte ich mir sagen lassen, dass "Apotheker sein... s.o."
Wie viel Arbeitszeit für die Beschaffung, Genehmigung, Dokumentation und Schluss endlich Beratung des Patienten sind eigentlich mit unserer "Packungspauschale" abgegolten???
Stehen die LAV`s eigentlich noch auf unserer Seite, oder war das nur ein dezenter Hinweis, mich nicht ständig zu beschweren?
Fragen über Fragen mit besten Grüssen aus der Gummizelle!

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Verträge

von Bernd Jas am 06.02.2016 um 18:16 Uhr

Anstatt sich damit abzufinden, dass wir untertänigst solche Verträge bedienen, sollten wir unseren Leuten im Schiedsverfahren vielleicht klarmachen, dass wir so nicht weiterarbeiten können.
Die Verträge müssen auf´s aller Dringendste überarbeitet oder neu geschrieben werden. Und zwar so, dass sie (wie die Steuererklärung auch) auf einen "Bierdeckel" passen sollten.

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Retax

von Katharina Stülcken am 06.02.2016 um 17:38 Uhr

Warum werden immer wieder solche Verträge unterschrieben? Warum schaffen wir es einfach nicht, die richtigen Leute in die entsprechenden Positionen zu bringen ? Dieses Duckmäusertum ist kaum zu ertragen. Mit den Retaxationen ist ein Geschäftsmodell entstanden, das man gleich hätte im Keim ersticken müssen.

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Neue Retaxwelle

von Heiko Barz am 06.02.2016 um 11:37 Uhr

Der Schwachsinn hat Methode!
Eine direkte Parallele zum 'fehlenden Vornamen des Arztes' auf dem Rezept. Wir erinnern uns.
Dieser Fall " Lieferbereitschaft " passt exakt in die gleiche Schublade. Auch hier wird der Apotheker zur finanziellen Verantwortung gezogen, weil ' Andere ' vertraglich ' Fehler ' machen.
Ich möchte gar nicht wissen, wieviele Fachleute für Vertragsrecht von der DAK bestellt sind, die in der Zukunft nur damit beschäftig sind, mögliche Fehlinterpretationen in den Verträgen zu suchen, um wieder den zu Ader zu lassen, der sich naturgemäß am wenigsten zur Wehr setzt.
Den Apotheker!
Wo sind die Organe, die diese Verträge zu verantworten haben? Alle auflaufenden Retaxe müßten denen zur Last gelegt werden.
Hat irgendjemand von Euch Kollegen schon mal etwas von Aktivitäten des Retaxschlichters gehört? Ich meine, der ist nur eine Phantasiefigur um die Apothekerschaft ruhig zu stellen.

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AW: Wer...

von Bernd Jas am 06.02.2016 um 13:39 Uhr

...der Retaxschlichter ist und was nun vor sich geht, wäre vielleicht mal eine Frage an die Redaktion.

Was wollen die von der DAK...

von Bernd Jas am 06.02.2016 um 10:56 Uhr

...das ist doch nicht normal.

Liebe Frau Borsch,
leider ist das Praktikabel.

So mussten wir schon vor ein paar Jahren für die AOK Belege für die Nichtlieferbarkeit (62%) von teuren Reimporten einholen, um einer Retaxe mit -zich Absetzung entgegen zu wirken (allerdings "nur" in Höhe der Differenzen zu den Originalen) und zur HEILUNG der Retaxe.
Wir konnten Dank fleißiger Mitarbeiter der div. Reimporteure, weit aus der Vergangenheit Belege beibringen und so ALLE Defekte (insges. über 300.-€) belegen. Allerdings hat es Stundenlange Arbeit und Recherche gekostet.
Aber man stößt auch auf Widersprüche, insbesondere dann wenn es um (meist) teurere Originale geht. Defektmeldungen der Großhändler, entstehend durch Kontingentierungen der Hersteller, werden so zur Retax-Falle für uns. Der Hersteller behauptet der GH sei versorgt, der GH heult „Wir haben doch nichts bekommen“ und wir dürfen dieses Theater wegen fehlender Rechtssicherheit bezahlen?
Dann kommt gerade hier noch die Dringlichkeit für den Patienten zum tragen. Bestellt man beim Hersteller, so spricht dieser von Werktagen wenn es um die Auslieferung geht (Freitagnachmittag im Karneval heißt das für den Patienten, am Aschermittwoch (ist alles vorbei); und da hört es mit der Praktikabilität auf.
Dagegen verspricht das „im Trüben fischen“ den sicheren Fang aus einer Pfütze.

ES REICHT!

1.) Vernichtung der entgoltenen Arbeitszeit.
2.) Darüber hinaus, durch schlecht formulierte Verträge -
3.) -„legitimierte“ Strafzahlung in Form von Vollabsetzungen.
4.) Intrigante Zerrüttung guter Verhältnisse zwischen Geschäftspartnern.
5.) Höchste Verunsicherung der Patienten.
6.) Stress und Depression am Arbeitsplatz.

Poooh neee....!

Ich geh jetzt was vernünftiges machen.
Alaaf!

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DAK: Ramschstatus

von Andreas P. Schenkel am 05.02.2016 um 18:54 Uhr

Würde die DAK durch ein Ratingunternemen beurteilt, so erhielte sie die Ratingnote "C": hohe Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls!
Es läuft wohl bald darauf hinaus, dass die bedauernswerten DAK-Versicherten keine Arzneimittel und weitere Waren mehr nach dem Sachleistungsprinzip in den Apotheken beziehen können.
Herbert Rebscher ist der Yanis Varoufakis der deutschen GKV.

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Dokumentation der Nichtlieferbarkeit

von Dr. Anton Steppeler am 05.02.2016 um 18:31 Uhr

Lieber DAV,
schlafe weiter.
Wann endlich kommt eine öffentliche Stellungnahme in den Tageszeitungen, damit die DAK-Versicherten endlich wissen,
bei wem sie versichert sind.

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Nichtlieferbarkeit retaxsicher nachweisen

von Lisa Müller am 05.02.2016 um 18:21 Uhr

Das Rezept wird bar in der Apotheke bezahlt, der Patient reicht es bei seiner Krankenkasse zur Erstattung ein. Die Sachbearbeiter der Kraka können sich dann selbst um irgendwelche Bescheinigungen kümmern und dem Patienten erklären, warum sein Arzneimittel nur zum Teil bezahlt wird.

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