Tipps von Kammern und Verbänden

Alt und jung gut beraten

München/Hannover - 02.02.2016, 17:24 Uhr

Verweigern Kinder den Hustensaft, helfen Tipps aus der Apotheke (Foto: detailblick /Fotolia.com)

Verweigern Kinder den Hustensaft, helfen Tipps aus der Apotheke (Foto: detailblick /Fotolia.com)


In Abhängigkeit vom Alter ändern sich die Probleme, die eine Arzneimitteltherapie mit sich bringt. Während Kinder oft keine Arzneimittel mögen und die Einnahme verweigern, haben Ältere mit einer veränderten Wirkung und Polymedikation zu kämpfen.Kammern und Verbände geben wertvolle Hinweise für die Beratung.

„Kinder sind keine kleinen Erwachsenen“, betont Dr. Volker Schmitt, Sprecher der Apotheker in Bayern, „deshalb gibt es für die kleinen Patienten verschiedene Hilfsmittel, damit sie die Medikamente leichter einnehmen können. So könne man, wenn das Kind die Medikamenteneingabe verweigert, Hustensaft zum Beispiel mit einer Pipette oder Spritze ohne Nadel hinter die Backenzähne träufeln. So wird der Schluckreflex ausgelöst und der Saft kommt auch nicht mit den Geschmacksnerven auf der Zunge in Berührung, wie Schmitt erklärt. Auch Mischen mit Fruchtsaft, Tee oder Muttermilch kann eine Option sein. Allerdings dürfen nicht alle Tropfen verdünnt werden, und nicht alle Medikamente vertragen sich mit jedem Lebensmittel. Deshalb ist es laut Schmitt wichtig, dass sich Eltern in jedem Fall in der Apotheke erkundigen, ob die Medizin gemischt werden darf. Für Babys gibt es in der Apotheke verstellbare Medikamentenschnuller. Und um Zäpfen leichter einführen zu können, sollten Sie sie mit warmem Wasser leicht anfeuchten.

Bei sofortigem Erbrechen nochmal geben

Erbricht sich ein Kind kurz nach der Medikamentengabe oder hat es nach dem Zäpfchen direkt Durchfall, könnten die Medikamente noch einmal gegeben werden, erklärt Schmitt weiter. Nach 30 bis  60 Minuten seien vor allem Säfte und Lösungen vom Körper aufgenommen. Bei Tabletten dauerte es länger. Im Zweifel sollte immer beim Kinderarzt nachgefragt werden. Treten Durchfall oder Erbrechen erst später auf, sollte auf jeden Fall der Kinderarzt informiert werden. Er wird dann über eine Wiederholung der Arzneimittelgabe entscheiden.

Schmitt weist außerdem darauf hin, dass Antibiotika so lange genommen werden müssen, wie der Arzt sie verordnet hat. Andere Medikamente, wie Fiebermittel, Hustenlöser oder Nasentropfen können Eltern absetzen, wenn das Kind wieder gesund ist.

Arzneimittelanwendung im Alter

Aber nicht nur bei den Kleinen gibt es Beratungsbedarf. Medikamente, die sonst gut anschlugen, werden von Älteren oft nicht mehr vertragen oder sie scheinen ihre Wirkung einzubüßen, weiß die Apothekerkammer Niedersachsen. Schuld daran sind Veränderungen des Körpers und des Stoffwechsels, die mit dem Älterwerden einhergehen. Deshalb sei es für Patienten wichtig, schreibt die Kammer in einer Mitteilung die Medikation im Beratungsgespräch mit der Stammapotheke und dem behandelnden Arzt mit dem Alter anzupassen.

 „Priscus Liste“ schlägt Alternativen  vor

Um die Therapie im Alter zu verbessern, gibt es mehrere Listen, in denen die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit diverser Arzneistoffe für ältere Menschen beurteilt wird. In Deutschland hat sich die sogenannte „Priscus-Liste“ durchgesetzt. Die Liste enthält 18 Arzneistoffklassen mit 83 Arzneistoffen, beispielsweise Antibiotika, Schmerzmittel, Antidepressiva oder Beruhigungsmittel. In jeder dieser Klassen gibt es potenziell ungeeignete Medikamente, die für ältere Patienten bedenklich sind. Gleichzeitig werden Alternativen für die Behandlung aufgelistet.

Paracetamol oder Ibuprofen statt Indometacin

Bei Schmerzmitteln muss genau ausgesucht werden, welches Mittel sich für ältere Menschen eignet. Wegen des hohen Blutungsrisikos im Magen-Darm-Trakt sollte zum Beispiel Indometacin gegen Schmerzen und Entzündungen je nach Schmerzart durch Paracetamol, Ibuprofen oder schwach wirksame Opioide ersetzt werden. Ärzte, Apotheker und Patienten müssen eng zusammenarbeiten und die Therapie regelmäßig überwachen. Ratsam ist eine gründliche Nutzen-Risiko-Abschätzung. Falls möglich werden alternative Medikamente gesucht. Medikamente dürfen aber keinesfalls ohne Rücksprache mit dem Arzt oder Apotheker einfach abgesetzt werden. Ältere Menschen sollten alle ihre Medikamente aus einer Stammapotheke beziehen. Dort behält man die Übersicht über die gesamte medikamentöse Therapie, einschließlich der Selbstmedikation. Wechselwirkungen, Unverträglichkeiten und auch Doppelverordnungen werden durch diese engmaschige Kontrolle auf ein Minimum reduziert oder ganz vermieden. Wechselt der Patient die Apotheke häufig, werden solche Veränderungen seltener bemerkt als in einer Stammapotheke.

Je mehr Medikamente verschrieben wird, desto größer ist die Gefahr von Wechselwirkungen. Etwa 20 Prozent der 70-jährigen Deutschen nehmen fünf oder mehr Medikamente zu sich, Tendenz steigend. Bei fünf Medikamenten beträgt die Wahrscheinlichkeit von Wechselwirkungen 38 Prozent, bei sieben oder mehr Arzneimitteln liegt sie bereits bei 82 Prozent. Neben Krankenhauseinweisungen von älteren Patienten aufgrund von unerwünschten Arzneimittelwirkungen besteht die Gefahr, dass Nebenwirkungen als neu entstandene Alterserscheinungen fehlinterpretiert und als Symptome therapiert werden. Um dem vorzubeugen, sollten Apotheker und Ärzte von Beginn an die medikamentöse Therapie ihrer Patienten begleiten. Generell gilt das Prinzip „start low and go slow“ in der Medikation von Patienten fortgeschrittenen Alters


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