Gesundheitspolitik

Kommentar: Schlag ins Gesicht

Christine Ahlheim

Die Apotheker sind einiges an Kummer gewöhnt mit dem Bundesgesundheitsminister. Sowohl bei der Maskenbeschaffung für die vulnerablen Gruppen als auch bei den Bürgertests haben sie mit viel Einsatz die sprunghaften Entscheidungen von Jens Spahn in kürzester Zeit umgesetzt. In beiden Fällen wurden sie „belohnt“: Bei den Masken wurde das Honorar nachträglich gesenkt, bei den Tests steht die Absenkung unmittelbar bevor.

Doch was Spahn jetzt mit den Apothekern treibt, ist ein Schlag ins Gesicht. Nachdem zwei Tage lang mit erheblichem Aufwand Millionen von Impfpässen und Bescheinigungen der Impfzentren in die digitale Form überführt worden waren, kündigte er laut einem Pressebericht an, dass ab 1. Juli das Honorar für die Erstellung eines Impfzerti­fikats von 18 auf 6 Euro sinken soll. Der Hintergrund ist klar: Spahn steht unter enormem Druck. Der Bundesrechnungshof und die Opposition kritisieren, er habe in der Pandemie die Gelder der Steuerzahler verschleudert. Und immer wieder taucht der Vorwurf auf, die Apotheken wären zu üppig bedacht worden.

Und was macht Spahn? Anstatt – wie bei der Pressekonferenz zur Einführung des digitalen Impfnachweises – das Honorar als angemessen für die erbrachte Leistung zu verteidigen, gibt er dem Druck nach und kündigt eine Absenkung an. Um selbst besser dazustehen, begeht er einen eklatanten Vertrauensbruch gegenüber den Apothekern.

Bleibt abzuwarten, ob Spahn es wagt, das Honorar so drastisch abzusenken, wie er angekündigt haben soll. Und ob die Apotheker es dann wagen, ihm die Gefolgschaft zu verweigern, und es anderen überlassen, das Ausstellen der Impfzertifikate für einen Hungerlohn zu übernehmen.

Christine Ahlheim, Chefredakteurin der AZ

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