Hochschulpolitik

Klinische Pharmazie an deutschen Universitäten

Was wir über Qualität und Praxisrelevanz wissen

Von Markus Zieglmeier | Dass eine Novellierung der Approbationsordnung diskutiert wird, liegt hauptsächlich an der Erkenntnis, dass viele junge Pharmazeuten die Universitäten verlassen, ohne ausreichend auf die Berufspraxis in Offizin und Klinik vorbereitet zu sein. Insbesondere zukünftige Herausforderungen wie Medikationsanalysen erfordern wohl mehr Fähigkeiten, als einige Universitäten ihren Absolventen aktuell mit auf den Weg geben. Wer hier nach belastbaren Daten sucht, stellt jedoch schnell fest, dass eine Universität eine „Black Box“ ist, aus der nur wenige objektivierbare Informationen nach außen dringen.

Die Klinische Pharmazie wird im zweiten Ausbildungsabschnitt gelehrt, die Prüfung findet im zweiten Staatsexamen mündlich statt – geprüft wird das, was der Dozent bzw. Prüfer für relevant hält und zum Teil auch selbst gelehrt hat. Gelehrte und geprüfte Inhalte hängen also maßgeblich davon ab, welchen Bezug der Lehrstuhlinhaber (sofern es überhaupt einen Lehrstuhl gibt) zur gegenwärtigen oder zukünftigen pharmazeutischen Berufsrealität hat. Eine Möglichkeit für den Berufsstand, darauf Einfluss zu nehmen, gibt es nicht, die Freiheit von Forschung und Lehre ist im Grundgesetz verankert. Die Approbationsordnung ist für die Standespolitik das einzige Instrument, Vorgaben für die universitäre Lehre zu schaffen. Da Lehre und Prüfung jedoch in den Händen derselben Personen liegen, ist es für Außenstehende schwer zu beurteilen, wie die Inhalte der Approbationsordnung an den einzelnen pharmazeutischen Fakultäten umgesetzt werden.

Die praktikabelste Methode, Einblicke zu erhalten, besteht in der Befragung derer, die an den pharmazeutischen Fakultäten studieren. Das geschieht in regelmäßigen Abständen im Uni-Ranking der Hamburger Tageszeitung „Die Zeit“ und in etwas größeren Abständen durch den Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD).

„Die Zeit“ liefert zwar in erstaunlich kurzen Zeitabständen (der aktuelle Stand ist aus dem Jahr 2018) Daten zur Zufriedenheit der Studierenden, gliedert die Befragung der Absolventen eines Studiengangs aber nicht nach Fächern innerhalb der Fakultät auf. Lehrangebote, Ausstattung (Labor, Bibliothek, IT) und Betreuung durch Lehrende sind Fragestellungen, die fächerübergreifend zu verstehen sind und damit zur Situation der Klinischen Pharmazie nichts aussagen. Die Frage nach dem Berufsbezug, der die Klinische Pharmazie vor allen anderen Fächern betrifft, wurde in früheren Rankings gestellt – 2013 ergab sich zum Beispiel die Schulnote 3,8.

Diese Fragestellung wird in den neueren Rankings allerdings anders formuliert, nämlich als Arbeitsmarkt- und Berufsbezug. Die Studierenden bewerten dabei die Angebote ihrer Hochschule zur Förderung des Berufsfeld- und Arbeitsmarktbezugs, was Informationsveranstaltungen zu Berufsfeldern und Hilfe bei der Stellensuche einschließt. Gerade Letzteres ist in einem Mangelberuf schlicht irrelevant und geht an der Frage, wie gut Pharmaziestudierende auf Patientenkontakt vorbereitet werden, vorbei.

Relevantere, leider aber auch ältere Daten liefert der BPhD mit seinen Umfragen. Die aktuelle Umfrage zur Studiensituation aus dem Jahr 2017 wurde standortübergreifend durchgeführt. Die Frage nach der „Vorbereitung auf den Beruf“ ergab die Schulnote 3,18 (Standardabweichung 1,35) und damit die drittschlechteste Durchschnittsnote nach „Wohnraumangebot“ (3,24) und „Preis für Wohnraum“ (3,66) – zwei Faktoren, die sich dem Einfluss der Universitäten entziehen. Man kann damit festhalten, dass sich die deutschen Pharmaziestudierenden durch die aktuellen Lehrangebote nicht gut auf den Apothekerberuf vorbereitet fühlen.

Differenziertere Fragen waren 2014 zur Umsetzung der Klinischen Pharmazie in der Umfrage „Checkup KlinPharm“ gestellt worden. Gefragt wurde nach der Zufriedenheit mit der Lehre in Klinischer Pharmazie, dem Vorhandensein von Lehrstühlen, dem Patientenkontakt während des Studiums und der Einrichtung einer Übungsapotheke. Die Zufriedenheit der Studierenden wurde in Noten von 1 (sehr zufrieden) bis 5 (sehr unzufrieden) ausgedrückt. Von den besonders schlecht beurteilten Angeboten in Klinischer Pharmazie hatten 2014 Hamburg (5), München (4) und Tübingen (4) ­keinen Lehrstuhl. Ansonsten ließ sich auf die einzelnen Standorte bezogen keine klare Korrelation der Angebote (Lehrstuhl, Patientenkontakt, Trainingsapotheke) mit der Studierendenzufriedenheit finden. Möglicherweise zeigt dies, dass es im Einzelfall möglich ist, fehlende Angebote durch andere Leistungen auszugleichen. Nimmt man jedoch die Mittelwerte der Zufriedenheitsnoten, zeigen sich die Zusammenhänge deutlicher. Im Schnitt waren die Studierenden ­zufriedener, wenn es einen besetzten Lehrstuhl gab (1,82 vs. 2,78), wenn ­Patientenkontakt jeglicher Art ange­boten wurde (2.00 vs. 2,71) und wenn eine Trainingsapotheke zur Verfügung stand, selbst wenn diese wenig genutzt wurde (2,00 vs. 2,35).

Aus den Daten von 2014 zeigte sich ein deutlicher Handlungsbedarf. Aber wurde auch gehandelt? Mitte Oktober startet die nächste BPhD-Umfrage. |

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