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Er sagt … Sie versteht …

Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Kommunikation

Mit Sicherheit stellen auch Sie immer wieder fest, dass das jeweils andere Geschlecht in den unterschiedlichsten Situationen irgendwie anders „tickt“. Insbesondere in der Kommunikation zwischen Männern und Frauen beweist sich der Leitsatz: „Wahr ist nicht, was A sagt, sondern was B versteht.“ Lesen Sie, welche Ursachen das hat und was hilft, die Kommunikation miteinander störungsfreier zu gestalten. Von Cornelia Tromm

Das Anderssein von Männern und Frauen hat vielfältige Dimensionen. Ein kurioses Beispiel? Achten Sie einmal auf die unterschiedliche Choreografie beim Ausziehen eines Pullovers. Kaum eine Frau greift – so wie es Männer meist tun – mit beiden Händen in den Nacken, packt den Pullover irgendwo hinten und zieht ihn dann nach vorne über den Kopf.

Weniger kurios ist, dass Männer und Frauen selten auf die gleiche Weise kommunizieren. Fakt ist, und das bestätigen zahlreiche Untersuchungen, dass sie über unterschiedliche Kommunika­tionsstile verfügen.

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Ergebnisse der Hirnforschung zeigen, weshalb sich Mann und Frau beim Denken und Kommunizieren unterscheiden. So haben Frauen im Durchschnitt ein besseres Sprach-, Männer ein besseres räumliches Vorstellungsvermögen.

Um die männlichen und weib­lichen Kommunikationsstile zu verstehen, lohnt sich zunächst ein Blick auf die sinnlichen Wahrnehmungen, also das Riechen, Schmecken, Fühlen, Sehen und Hören, denn sie sind eine Ursache des Andersseins. Statistisch betrachtet:

  • ist bei Frauen die Feinmotorik besser ausgebildet, bei Männern die Grobmotorik, dafür werfen und fangen sie besser,
  • sehen Männer schärfer und können schnelle Bewegungen besser erkennen, dafür ist das Sehfeld bei Frauen größer,
  • reagieren Frauen im Vergleich zu Männern empfindlicher auf laute Töne.

Gut zu wissen

Frauen und Männer nehmen alleine durch ihre Sinne unterschiedliche Realitäten wahr.

Was wir aus der Hirn­forschung wissen

Aufschlussreich für das Verständnis der geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Kommunikation sind zudem die Ergebnisse der Hirnforschung.

Zur Erinnerung: Die linke Gehirnhälfte denkt in Sprache, in Begriffen, sie denkt logisch und analytisch. Die rechte Gehirn­hälfte steuert die Intuition, die Kreativität und die Gefühle.

Ab der Pubertät entwickeln sich die Gehirnverbindungen von Mann und Frau recht unterschiedlich: Bei Frauen ist das Corpus Callosum, also der Balken, der die Gehirnhälften miteinander verbindet, am hinteren Ende bis zu 23 Prozent dicker als bei Männern. Das weibliche Gehirn kann dadurch Informationen offenbar effektiver mit beiden Hälften verarbeiten als das männliche. Und da bei Frauen die Brücke zwischen den beiden Hirnhälften stärker ausgeprägt ist, ist ihre linke Hirnhälfte für analytisches Denken und Sprache stärker mit der rechten verbunden, in der Emotionen und Intuition ihren Sitz haben. Das bedeutet umgekehrt, dass im männlichen Gehirn die Logik weniger intensiv mit dem Gefühl verknüpft ist als bei Frauen.

Während es in weiten Teilen des weiblichen Gehirns besonders viele Kontakte zwischen den beiden Hirnhälften gibt, bestehen bei Männern mehr Verknüpfungen innerhalb der beiden Gehirnhälften. So belegen zahlreiche Untersuchungen, dass Frauen im Durchschnitt ein besseres Sprachvermögen haben, Männer dagegen ein erheblich besseres räumliches Vorstellungsvermögen. Wenn Männer beispielsweise eine Route erklären, nennen sie Richtungen und Entfernungen, während Frauen charakteristische Objekte oder markante Punkte beschreiben.

Gut zu wissen

Das männliche Hirn arbeitet eher digital, also in Zeichen, das weibliche Hirn eher analog, also in Bildern.

Ein Blick zurück in die Frühzeit

Kommunikation basiert auf erlernten Denk- und Verhaltensmustern und ist zum Teil wohl ein Erbe aus der Frühzeit unserer menschlichen Sozialisation. Damals ging der Mann auf die Jagd, musste Nahrung beschaffen und seinen Clan verteidigen. Seine Aufgabe war es, die Familie zu ernähren und zu beschützen.

Die Frau war für den physischen und psychischen Zusammenhalt der Familie zuständig. Sie teilte die knappe Nahrung zu, kümmerte sich um die Nachkommen und die Alten – sie musste also Sozialkompetenz zeigen.

So entwickelten sich bereits in der Frühzeit geschlechtsspezifische Denk- und Verhaltensmuster, neben den biologischen, neuro­logischen und kulturell bedingten Einflüssen.

Gut zu wissen

Männer handelten eher ziel­orientiert, Frauen eher beziehungsbewusst. Und das tun sie mehrheitlich noch heute.

Auch wenn sich die Rolle der Frau deutlich gewandelt hat, ist eines immer noch weitgehend gültig: Für Frauen hat die Kommunikation auf der Beziehungsebene eine große Bedeutung, Männer interagieren dagegen eher auf der Sachebene. Und das ist ein wesentlicher Stolperstein in der Mann-Frau-Kommunika­tion, der häufig zu Missverständnissen oder Verstimmungen führt. Ein Beispiel:

Sie: Liebling. Wir waren lange nicht mehr im Kino.

Er: Stimmt.

Frauen drücken sich häufig indirekt aus und senden ihre Botschaften quasi „zwischen den Zeilen“, mit der Erwartungshaltung: Er muss mich doch verstehen. Reagiert der Mann dann lediglich auf der ihm vertrauten Inhalts­ebene, sind sie schnell verletzt.

Das unterscheidet die Kommunikationsstile

Zugegebenermaßen lässt sich methodisch im Einzelnen schwer nachweisen, welche geschlechts­typischen Verhaltensweisen uns in die Wiege gelegt sind und welche sich erst im Laufe des Lebens herausbilden. Legt man jedoch den Focus auf die unterschiedlichen Kommunikations­stile, lassen sich die drei wichtigsten Unterschiede so zusammenfassen:

1. Ursache

Männer streben nach Unabhängigkeit und Autonomie, Frauen suchen die Gemeinschaft.

Das Denken und Handeln und damit auch das kommunikative Verhalten von Männern ist in höherem Maße hierarchisch geprägt als das von Frauen. Männer definieren sich über Status, Erfolg, Autonomie und Kompetenz. Frauen legen dagegen Wert auf Beziehung, Harmonie und die Kommunikation über Gefühle (Liebling, was denkst du gerade?). Während Frauen auf der Suche nach Gemeinsamkeiten sind, ist unter Männern das Abklären der Rangordnung ein nahezu selbstverständlicher Vorgang.

Frauen sind bemüht, die Bedürfnisse ihres Gegenübers intuitiv zu erspüren und setzen das Gleiche vom männlichen Partner voraus. Daraus resultiert jedoch ein grundlegender Denkfehler der Frau: Wenn er mich wirklich schätzt, muss er doch wissen, was ich mir wünsche, womit er mir helfen könnte. Das hat Mann aber im Lauf der Evolution nicht entwickelt.

2. Ursache

Während Männer nach dem Motto kommunizieren „Respektierst Du mich?“, klären Frauen indirekt „Magst Du mich?“.

Kommunikationszweck der Männer ist häufig, den Status auszuhandeln: Wer übernimmt die Führung im Gespräch? Wer besitzt mehr Ressourcen und Informa­tionen?

Ganz im Sinne von „sich mit an­deren messen“, flechten Männer ohne bösen Hintersinn häufiger kleine Provokationen oder ironische Bemerkungen in ihre Ge­spräche ein.

Für Frauen ist so ein „ruppiger“ Kommunikationsstil allerdings eher ungewohnt. Sie fühlen sich durch verbale Angriffe schnell verunsichert und reagieren dann womöglich verletzt, weil sie es gewohnt sind, ihr Verhalten mehr auf Zustimmung auszurichten statt auf Konfrontation. Ihr Kommunikationszweck ist, Nähe zu vermitteln und die Verbundenheit untereinander zu stärken.

3. Ursache

Frauen und Männer nutzen unterschiedliche Problem­lösungsstrategien.

Da der Mann lösungsbewusst und zielorientiert handelt, setzt er alles daran, ein auftretendes Problem selbst zu meistern. Alleine! Nur im Notfall wird er bei einem Experten Rat suchen oder um Hilfe bitten. Gut möglich, dass Männer aus diesem Grund medizinische Leistungen und Vorsorgeuntersuchungen nur mangelhaft in Anspruch nehmen.

Die Frau sucht dagegen die Gruppe, die Gemeinschaft, um über ihr Problem zu reden. Hier erwartet sie Anteilnahme und Verständnis. Hilfsangebote empfindet sie als Wertschätzung ihrer Person. So nutzen Frauen die Angebote der Primär- und Sekundärprävention engagierter als Männer und gehen öfter zum Arzt oder in die Apotheke.

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Sie: „Versteht er mich überhaupt?“ Er: „Wann kommt sie denn endlich auf den Punkt?“ Die gute Nachricht und längst bewiesen: Die Verständigung zwischen Mann und Frau ist nichts Unmögliches.

Wenn Männer von einem Problem sprechen, dann beschreiben sie lediglich das „große Bild“. Sie ­vereinfachen selbst komplexeste Sachverhalte auf ein Minimum. Wenn Frauen ein Problem schildern, tun sie das häufig ausführlich mit vielen Details. Und ­während sich der männliche Gesprächspartner auf das Ergebnis fokussiert, fragt er sich, wo die ganze Geschichte hinführen soll. Er will doch lediglich eine knappe Information.

An die Damen: Vier Empfehlungen für das Beratungsgespräch mit Männern
An die Herren: Vier Empfehlungen für das Beratungsgespräch mit Frauen
  • Vergewissern Sie sich, dass Sie das Anliegen des Kunden genau verstanden haben. Sichern Sie sich im Zweifel durch wenige knappe Fragen ab.
  • Nennen Sie zunächst Ihre Empfehlung oder Ihre Lösung. Geben Sie erst anschließend kurz die zugehörigen notwendigen In­formationen.
  • Verzichten Sie dabei auf zu ausführliche Erklärungen und bildhafte Beschreibungen.
  • Zeigen Sie auch sprachlich Ihre Kompetenz. Vermeiden Sie „Weichmacher“, die Ihre Aussagen abschwächen („eigentlich“, „vielleicht“) oder Formulierungen wie „Ich würde Ihnen xy empfehlen“.
  • Geben Sie Ihrer Kundin Zeit, ­ausführlich zu beschreiben, was ihr wichtig ist. Auch wenn das schwerfällt.
  • Seien Sie empathisch und bemühen Sie sich um einfühlendes Verstehen.
  • Nennen Sie zunächst Ihre Überlegungen zu dem von der Kundin Gesagten und kommen Sie erst dann zu Ihrer Empfehlung oder Ihrer Lösung.
  • Verwenden Sie dabei eine eher bildhafte Sprache und Beispiele, insbesondere dann, wenn Sie komplexe Informationen geben oder einen schwierigen Sach­verhalt erklären müssen.

Konsequenzen für Ihre Beratungsgespräche

Wer diese unterschiedlichen Kommunikationsstile kennt, akzeptiert und beachtet, wird störungsfreier und damit erfolgreicher mit dem jeweils anderen Geschlecht kommunizieren. Das gilt sowohl im Privatleben als auch in Ihrem beruflichen Alltag – und hier insbesondere in einer Beratungssituation. In der Tabelle auf der vorigen Seite daher kurz gefasst ein paar Empfehlungen. |

Cornelia Tromm


Cornelia Tromm, Kommunikations­beraterin, -trainerin und -coach, www.cornelia-tromm.

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