Gesundheitspolitik

Prävention versus Selbstdispensation

BERLIN (bro) | Die ABDA setzt sich verstärkt dafür ein, dass Apotheker vergütete Präventionsleistungen anbieten dürfen. Einigen Ärzten gefällt das gar nicht.

Am Dienstag voriger Woche betonte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt anlässlich einer Pressekonferenz zum „Tag der Apotheke“ erneut, dass das Potenzial der Apotheker in Sachen Prävention noch zu wenig genutzt werde. Er forderte, dass Apotheker insbesondere für Ernährungsberatungen, Rauchentwöhnungs-Hilfen und Impfberatungen vergütet werden.

Schmidt sagte dabei auch, dass „die ärztlichen Kollegen“ die Apotheker ermuntern würden, solche Leistungen anzubieten. Doch das sehen offenbar nicht alle Ärzte so.

Freie Ärzteschaft: Apotheker verdienen schon am Verkauf

Der alternative Berufsverband „Freie Ärzteschaft“ (FÄ) reagierte mit einer Pressemitteilung. Darin heißt es, er habe sich über die Aussagen der ABDA „gewundert“. „Präventionsberatung, wie Ärzte und andere dafür qualifizierte Berufsgruppen sie durchführen, ist etwas anderes als die Beratung zu Medikamenten in den Apotheken“, erklärte der FÄ-Vorsitzende Wieland Dietrich. Die Ärzte vermuten offenbar, dass die Apotheker rein wirtschaftliche Interessen mit ihrer Forderung verbinden: Mit solchen Sprechstunden könnten Interessenkonflikte entstehen, da eines der Hauptgeschäfte von Apotheken der Verkauf von Pflegeprodukten, freiverkäuflichen Arzneimitteln und Lifestyle-Präparaten sei, heißt es in der Mitteilung. Ohnehin werde die Beratungsleistung des Apothekers schon mit dem Gewinn honoriert, die er mit dem Verkauf der Produkte erwirtschafte, so Dietrich. Für die Forderung nach einer Vergütung fehlt ihm jedes Verständnis.

„Erstaunlich“ findet Dietrich zudem, dass sich Schmidt „hier in die Tätigkeit von Haus- und Fachärzten einmischen will, während die meisten Apotheker vor Ort mit ganz anderen Problemen wie dem zunehmenden Onlineverkauf von Medikamenten kämpfen und bei derlei Vorschlägen dankend abwinken.“

Aus Sicht der FÄ ist die Apotheke aber ohnehin schon der falsche Ort für Gespräche über Präven­tion. Diese müssten in der Praxis stattfinden und nicht am „Verkaufstresen“. Dietrich: „Das geschützte Gespräch ist ein hohes Gut, in dem sich das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Pa­tient festigt – dadurch und durch die Kenntnis des gesamten Patienten wird eine fachlich fundierte Beratung erst möglich.“

Die FÄ beendet ihre Mitteilung mit einer Drohung in Richtung Apotheker: „Wollen sie die gute Koexistenz mit den Ärzten aufkündigen? Dann könnten Ärzte umgekehrt fordern, in ihren Praxen auch Medikamente abzugeben und zu verkaufen – was beispielsweise in der Schweiz sogar gut funktioniert und den Patienten den Weg in die Apotheke erspart.“

Nicht nur die FÄ sieht den Vorstoß der ABDA kritisch. Auf Nachfrage sagte auch ein Sprecher der ­Kassenärztlichen Bundesvereinigung: „Der Arzt muss auch in ­Zukunft die zentrale Rolle in der Prävention spielen. Denn gerade in der Prävention ist ein ganz­heitlicher Blick auf den Patienten wichtig, den ausschließlich der Arzt hat.“ Zu den Einzelforderungen der ABDA wollte er sich aber nicht äußern.

Die ABDA reagierte gelassen auf die Vorwürfe. Eine Sprecherin sagte: „Unsere Umfrage zeigt: Es gibt noch viel zu tun im Bereich Gesundheitsvorsorge – und genug Arbeit für alle Berufsgruppen. Der Gesetzgeber hat den Apothekern Aufgaben im Bereich der Prävention zuerkannt und diese wollen wir verstärkt umsetzen.“ Zur Erinnerung: Nach § 1a Abs. 11 der Apothekenbetriebsordnung zählen zu den „apothekenüblichen Dienstleistungen“ auch die Beratung in Gesundheits- und Ernährungsfragen, Gespräche über Gesundheitser­ziehung und -aufklärung sowie Vorsorgemaßnahmen. |

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.