Gesundheitspolitik

Der erste Schritt zu mehr Honorar?

Bundeswirtschaftsministerium vergibt Auftrag für Gutachten zur AMPreisV

TRAUNSTEIN (cha) | Der Literaturnobelpreisträger Günter Grass bezeichnete einst den Fortschritt als eine Schnecke, und das trifft auch zu auf die längst fällige Erhöhung des Apothekenhonorars.

Statt zeitnah eine politische Entscheidung zu treffen, hat das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) im letzten Herbst bekanntlich ein Gutachten ausgeschrieben zur „Ermittlung der Erforderlichkeit und des Ausmaßes von Änderungen der in der AMPreisV geregelten Preise“, als Dauer des Forschungsprojekts wurden 18 Monate angesetzt. Zum Ende der Ausschreibungsfrist am 15. Dezember vergangenen Jahres waren drei Angebote eingegangen, nun wurde der Zuschlag erteilt. Er geht an 2hm & Associates, eine in Mainz ansässige und laut Firmenwebsite „international tätige, in­habergeführte Strategie- und Managementberatung“. Projekt­leiter sind die Dipl.-Psychologin Iris an der Heiden, die den Bereich Sozioökonomische Studien bei 2hm leitet, und der geschäftsführende Gesellschafter Dipl.-Kfm. Frank Meyrahn.

Fotos: 2hm

Erstellen in den kommenden 18 Monaten das Gutachten zum Apothekenhonorar: Iris an der Heiden und Frank Meyrahn von 2hm.

Warum wurde der Zuschlag gerade an 2hm erteilt? Iris an der Heiden verweist gegenüber der Apotheker Zeitung darauf, dass es „eine Kernleistung der 2hm“ sei, „sehr fundierte, belastbare und transparente Entscheidungsmodelle zu entwickeln“. Dabei handle es sich entweder um isolierte Marktforschungsprojekte oder Beratungsprojekte, die entsprechend mit Zahlen unterlegt seien. Bei 2hm will man sich „aber in diesem Projekt explizit nicht als Experten des Apotheken- oder Kranken­kassenbereichs, sondern als Methoden- und Projektexperten“ positionieren. Denn für die ausgeschriebene Fragestellung spielten „rechtliche Grundlagen sowie Kosten- und Umsatzdaten sowie Datenstrukturen eine wesentliche Rolle“. An der Heiden betont, es sei zudem eine wichtige Voraussetzung der Neutralität, „dass wir keine Dienstleister der Apotheken oder der Krankenkassen sind“.

Eine gewisse Kenntnis des Gesundheitsmarktes ist aber offensichtlich vorhanden, da 2hm bereits „für namhafte Hersteller im Pharma-, OTC- und Medizintechnikbereich in Marktforschungs- und Beratungsprojekten“ tätig war. Außerdem ist 2hm im Bundeswirtschaftsministerium schon gut bekannt. Laut Firmenwebsite wurden für das BMWi bereits Studien über „Die wirtschaftliche Bedeutung des Sportstättenbaus“ sowie zur „Pflegewirtschaft bis 2030 im demografischen Wandel“ erstellt.

Der Forschungsbeirat, der das Projekt begleitet, wird am 21. April zum ersten Mal tagen. Dort wird 2hm Details des Projektkonzepts vorstellen. Gefragt nach der Datenbasis, verweist Iris an der Heiden darauf, dass die Wahl der Datenbasis „bereits wesentliches Element des Projekts“ sei. Und: „Wir werden auf repräsentative, belastbare Datenquellen zurückgreifen.“ Auf Rückfrage der AZ hin äußert Iris an der Heiden, dass dies „kein ganz unkritischer Inhalt“ sei, weshalb sie zum jetzigen Zeitpunkt keine konkrete Aussage treffen wolle. Warum die jeweilige Datenquelle gewählt werde, würde jedoch im Gutachten begründet.

© Kai Felmy

Auch die ABDA wird in dem Beirat vertreten sein. Wie ABDA-Präsident Schmidt bei der Delegiertenversammlung der Kammer Hessen am 9. März erklärte, werde man den Prozess dort eng begleiten. Sollte allerdings auch nur der geringste Zweifel an der gebotenen Neutralität der Gutachter aufkommen, werde die ABDA ein eigenes Gutachten beauftragen.

Basis des Gutachtens sei, so Iris an der Heiden, gemäß der Ausschreibung die AMPreisV von 2004, überprüft werde nun die Berechnung ab diesem Zeitpunkt. Dazu würden als eine Informationsquelle neben anderen auch die Berechnungen des BMWi zur Honorarerhöhung im Jahr 2012 herangezogen. Darüber hinaus wird 2hm alternative Berechnungswege zur bisherigen Festlegung des Apothekenhonorars aufzeigen. Dabei betont Iris an der Heiden, dass das Gutachten zwar Möglichkeiten zur Änderung der Berechnung der in der AMPreisV geregelten Preise aufzeigen werde; die Entscheidung darüber, ob ein alternativer Weg gewählt werde, liege beim BMWi und den weiteren beteiligten politischen Organen.

Hier bleibt anzumerken, dass es bekanntlich bei der letzten Honorar­anpassung seitens der Apotheker heftige Kritik an der Berechnungsmethode des BMWi gab. Dieses berechnete gemäß der Formel „Anpassungsbedarf ist gleich Kostensteigerungen minus Rohertrags­anstieg“ eine Erhöhung des Fix­zu­schlags um 25 Cent, die den Kostenanstieg seit 2004 bei Weitem nicht ausreichend berücksichtigte.

Weiterhin wichtig ist natürlich, wie man sich bei 2hm die Zusammenarbeit mit der Apothekerschaft bzw. deren Berufsverband vorstellt. Iris an der Heiden wünscht sich „als Auftragnehmer des BMWi eine kooperative Zusammenarbeit“. Daher werde man „auf sehr transparente Vorgehensweisen und Berechnungsmodelle Wert legen“ und „im gesamten Projektverlauf in Kommunikation mit allen beteiligten Verbänden und Ministerien“ stehen. Allerdings stellt an der Heiden klar, dass ihr Vorgehen „darüber hinaus jedoch ein wissenschaftliches“ sei, es gehe „im Kern nicht darum, Meinungen auszutauschen, sondern eine belastbare Datengrundlage für die AMPreisV zu bestimmen“. Und weiter: „Wie bei derartigen Projekten üblich, erwarten wir die Vertretung unterschiedlicher Positionen und Interessen und damit verbundene sportliche Diskussionen.“

Da die Arbeiten am Gutachten zum 1. April beginnen und die Laufzeit 18 Monate beträgt, werden die Ergebnisse Ende September 2017 vorliegen. Den Apothekern bleibt nichts übrig, als sich bis dahin in Geduld zu üben – und darauf zu hoffen, dass zumindest auf „Nebenkriegsschauplätzen“ wie der Rezeptur- und der BtM-Vergütung noch kleinere Erfolge errungen werden. |

Lesen Sie hierzu auch den Kommentar "Außer Spesen nichts gewesen?"

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