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Selbstmedikation
Kann Ginkgo den kognitiven Abbau doch nicht aufhalten?
In der Ginkgo Evaluation of Memory(GEM)-Studie erhielten 3069 Senioren im Alter von 72 bis 96 Jahren randomisiert zweimal täglich 120 mg des Ginkgo-biloba-Extrakts EGb 761® (Tebonin® , Schwabe) (n = 1545) oder ein Placebo von identischem Aussehen (n = 1524). Die Studie wurde in den Jahren 2000 und 2008 an sechs akademischen Zentren in den USA durchgeführt. Die Ergebnisse zum primären Endpunkt, der Vermeidung einer Alzheimer-Demenz, wurden 2008 publiziert (JAMA 2008; 300: 2253 – 2262). Nach der damaligen Auswertung der Ergebnisse war der Ginkgo-Extrakt nach einer mittleren Beobachtungszeit von 6,1 Jahren nicht in der Lage, die Zahl der Neuerkrankungen im Vergleich zu Placebo zu senken – weder in der Gesamtgruppe noch in einer Untergruppe von Teilnehmern, die bereits unter einer leichten kognitiven Beeinträchtigung litten, einer möglichen Vorstufe der Alzheimer-Demenz.
Jetzt liegen die Ergebnisse zum Rückgang der kognitiven Leistungen unterhalb der Schwelle zur Alzheimer-Demenz vor. Sie war ein vor Studienbeginn festgelegter sekundärer Endpunkt der GEM-Studie. Die aktuellen Daten zeigen ebenfalls keine positiven Wirkungen des Extraktes – weder in den globalen Tests, noch in spezifischen Untersuchungen zur Gedächtnisleistung, zu den visuellen räumlichen Fähigkeiten, zu Sprache, Aufmerksamkeit und zur psychomotorischen Geschwindigkeit oder zu Verstandsleistungen. Die Ergebnisse stimmen mit der bisherigen Einschätzung der Cochrane Collaboration überein, die Ginkgo-biloba-Extrakten keine gesicherte Antidemenzwirkung attestieren konnte. Das Institut für Wirtschaftlichkeit und Qualität im Gesundheitswesen kam 2008 dagegen zu dem Schluss, dass Patienten mit einer Alzheimer-Demenz von einer Therapie mit Ginkgo-Extrakt profitieren könnten, wenn der Extrakt in einer Dosierung von 240 mg eingenommen wird. Das IQWiG sah für das Therapieziel Aktivitäten des täglichen Lebens und den klinischen Gesamteindruck einen Beleg für einen Nutzen. Für die Endgrößen kognitive Fähigkeiten, psychopathologischer Zustand und Lebensqualität der betreuenden Angehörigen hatte das IQWiG einen Hinweis auf einen Nutzen von Ginkgo-Extrakten festgestellt.
Schwabe: Studie ist methodisch und inhaltlich nicht überzeugend
Der Hersteller Schwabe äußerte in einer Stellungnahme Kritik an der aktuellen Veröffentlichung im JAMA. Er sieht den "Nutzen von Ginkgo-Spezialextrakt EGb 761® auf die Gehirnleistung durch eine Reihe aktueller Studien wissenschaftlich belegt". Wegen methodischer Schwächen sei die Aussagekraft der nun publizierten nachträglichen Auswertungen einer bereits 2008 veröffentlichten Studie hierzu gering. In der Untersuchung von Snitz et al. sei ein kognitiver Abbau selbst in der Placebogruppe kaum zu erkennen. Die Studienteilnehmer zeigten trotz des hohen durchschnittlichen Alters von rund 80 Jahren im Laufe der Studie außergewöhnlich geringe kognitive Verschlechterungen. Ein Nutzen von EGb 761® kann aber nur dann gezeigt werden, so Schwabe-Geschäftsführer Prof. Dr. Michael Habs, wenn auch erste kognitive Beeinträchtigungen wie Konzentrationsstörungen oder Vergesslichkeit auftreten. Die Studie hätte noch mindestens zehn Jahre länger dauern müssen, bevor ein relevanter geistiger Abbau sichtbar geworden wäre.
QuelleSnitz, B. E.; et al.: Ginkgo biloba for preventing cognitive decline in older adults: a randomized trial, J. Am. Med. Assoc. (2009; 302: 2663 – 2670).Stellungnahme der Dr. Willmar Schwabe GmbH & Co. KG vom 29. Dezember 2009.
ck
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